Viele Menschen kennen das: Die täglichen Anforderungen aus Beruf, Familienleben, den sozialen Kontakten oder Sport- und Freizeitaktivitäten haben uns fest im Griff und vermitteln oft das Gefühl, sich in einem Hamsterrad zu befinden, aus dem man sich nur sehr schwer befreien kann.
Wir sehnen uns nach Ruhe und innerem Frieden; solche Momente zu erleben, fällt uns aber immer schwerer.
Betroffene Menschen leben eher mit einer inneren Unruhe, die sich in verschiedenster Art und Weise ausdrücken kann. Dann vergessen wir oftmals, sich die täglich notwendigen Ruhepausen zu gönnen, weil wir glauben, in dieser Zeit etwas "Wichtiges" erledigen zu müssen. Dabei ist es doch am wichtigsten, für sich selbst einen Ausgleich zu schaffen! Wir fühlen uns innerlich getrieben und ständig unter Strom und leiden auf Dauer an Ein- oder Durchschlafproblemen oder einem permanenten Müdigkeitsgefühl und Konzentrationsschwierigkeiten.
Womit hängt diese innere Unruhe zusammen?
Eine innere Unruhe entsteht einerseits beispielsweise durch einen drohenden Verlust des Arbeitsplatzes oder zu hohe berufliche Anforderungen durch Vorgesetzte oder Kollegen oder von einem selbst – viele Menschen nehmen ihre Arbeit mit nach Hause und beschäftigen sich auch nach Feierabend noch mit dem Checken und Beantworten von E-Mails oder glauben, rund um die Uhr telefonisch erreichbar sein zu müssen. So gelingt es nicht, vollständig von den beruflichen Aufgaben abzuschalten und die Gedanken kreisen permanent um berufliche Probleme, für die man Lösungen und Antworten auch noch nach Ende der täglichen Arbeitszeit sucht.
Auf Dauer leidet darunter die Familie oder Partnerschaft; die Zeit, Freunde zu treffen, Sport zu machen oder sich selbst Ruhe und Erholung zu gönnen, ist vermeintlich nicht mehr vorhanden. Dadurch entsteht ein innerer Druck und ein schlechtes Gefühl, weil man diesen privaten Anforderungen eigentlich auch gerne gerecht werden möchte, aber nicht weiß, wie. Die Folge daraus können Streit oder Probleme mit Partner oder Freunden sein, was dann zu einem noch unglücklicheren Zustand führt.
Neben beruflichen Anforderungen gibt es auch im Privatleben Ursachen für die Entstehung einer inneren Unruhe.
Oftmals kommen vor allem psychische Faktoren für die Entstehung innerer Unruhezustände infrage. Seelische Belastungen oder chronischer Stress führen dazu, dass Betroffene sich überlastet fühlen und von einem ständigen Gefühl der Unruhe begleitet werden. Um trotzdem allen Anforderungen gerecht zu werden, versagen sie sich selbst zunehmend die Pausen. Fehlt dem Körper nun aber noch mehr die dringend benötigte Erholung, nimmt die Leistungsfähigkeit ab und damit die Unzufriedenheit bei anderen oder sich selbst zu – ein Teufelskreis, aus dem wir schwer wieder herausfinden.
Finanzielle Probleme können ein sehr großes Problem darstellen und fördern somit eine innere Unruhe. Andere Vorkommnisse, wie Streitigkeiten oder Probleme mit Freunden oder der Familie, die längere Zeit anhalten, sehr tief gehen oder verletzend sind, bringen Schlafstörungen oder Konzentrationsprobleme mit sich.
Kommen dann noch körperliches Unwohlsein in Form von Muskelverspannungen, Kopf- oder Rückenschmerzen, Angstzuständen, Herzrasen oder gar ernsthafte Erkrankungen dazu, steht das Gedankenkarussell nicht mehr still.
Wie erkenne ich bei mir selbst eine innere Unruhe?
Wenn die oben aufgeführten Symptome und Beschwerden bereits über längere Zeit andauern, oftmals vielleicht bereits über Wochen oder Monate, stellen sie für betroffene Menschen eine Belastung und Einschränkung der Lebensqualität dar. Wir fühlen uns dann nicht mehr in der Lage, sich von den übermächtig erscheinenden Gedanken an die Arbeit, seine Aufgaben oder Verpflichtungen zu lösen. Im Gegenteil - das Gefühl, überfordert zu sein, begleitet uns täglich. Menschen, die es kaum noch schaffen, sich von ihrer Arbeit oder Problemen zu lösen und so eigentlich fast immer unter Strom stehen, leiden unter mangelnder Erholung und immer mehr Stress.
Dieser Teufelskreis verschlimmert vorhandene Unruhezustände natürlich immer mehr und das Gefühl anhaltender Nervosität führt zu negativem Stress, der uns auf Dauer krank machen kann.
Was ist der Unterschied zu "planbarem" Stress?
Es gibt durchaus auch Situationen im Leben, in denen es sinnvoll ist, dass unser Körper und unser Geist Stress ausgesetzt wird. Das können Prüfungssituationen, persönliche Veränderungen im Leben oder der Beginn einer neuen Arbeitsstelle sein. Wenn die hierbei entstehende innere Anspannung nur für einen kurzen, überschaubaren Zeitraum hinweg besteht und sich danach wieder auflösen kann, stellt das meistens kein Problem dar und ist in der Regel dann auch nicht mit gesundheitlichen Einschränkungen verbunden.
Erst dann, wenn eine dauerhafte Belastung auftritt und den betroffenen Menschen keine Erholung mehr bleibt, wird eine bestehende innerliche Unruhe zum ständigen Begleiter. Sich daraus entwickelnde Ängste, Konzentrations- oder Schlafstörungen, Muskel- oder Gelenkschmerzen treten dann oft als Folge auf.
Was kann ich tun, um meine innere Unruhe zu bekämpfen?
Der erste Schritt ist immer das Erkennen seines eigenen Unruhezustandes und der Wunsch, langfristig Abhilfe zu schaffen. Bei vielen Menschen müssen erst körperliche oder seelische Beschwerden auftauchen, die immer eine Warnung unseres Körpers darstellen, bevor sie daran denken, etwas an ihrer unglücklichen Situation zu ändern.
Wenn Symptome wie Tinnitus, Schwindel, heftige Kopf- oder Rückenschmerzen bis hin zum Burnout-Syndrom auftauchen, erkennen wir, dass die momentane Lebenssituation dringend einer Veränderung bedarf.
Dann steht ein Besuch beim Mediziner oder Psychologen auf dem Programm. Wenn man dabei einem Menschen begegnet, der auftretende Symptome ganzheitlich betrachtet, kann das Resultat eines Arztbesuches sein, zunächst einmal durch ein pflanzliches Medikament zur Nervenstärkung oder Entspannungsförderung einige der vorhandenen Symptome, wie z. B. Schlafstörungen, zu lindern. Darüberhinaus wird dieser aber auch die sinnvolle Empfehlung abgeben, eine der anerkannten Entspannungsverfahren wie Autogenes Training (AT) oder Progressive Muskelrelaxation (PMR) zu erlernen oder Meditation oder auch Sportarten wie Yoga oder Pilates. Werden diese Methoden dann in der Gruppe von einem nach §20 SGBV zertifizierten Lehrer angeboten, können die Kosten hierfür oftmals über die gesetzliche Krankenkasse abgerechnet werden.
Was kann ich mir unter AT, PMR und Meditation vorstellen?
Das Autogene Training ist eine Autosuggestions-Methode, bei der unter Anleitung eine von innen heraus erzeugte Entspannung hergestellt wird. Der Übende erlebt bewusst Ruhe, Schwere und Wärme in den einzel angesprochenen Körperregionen und durch die Konzentration und bewusste Wahrnehmung kommt der Geist zur Ruhe. Bei der Progressiven Muskelrelaxation stellt man eine Muskelanspannung in Armen, Beinen, aber auch dem Gesicht oder der Rückenpartie her, die für eine vorgegebene Anzahl an Sekunden gehalten wird. Die anschließende, längere und ganz bewusst wahrgenommene, Entspannungsphase fördert die Fähigkeit, sich wieder komplett körperlich zu entspannen, bringt aber auch Ruhe und Erholung für den Geist mit sich. Meditation zu erlernen und zu praktizieren, fällt zunächst einmal gar nicht so leicht, wenn man sich damit noch nie beschäftigt hat. Hier empfiehlt sich der Besuch entsprechender Kurse bei qualifizierten Mediationslehrern. Das Ziel ist hier immer, den Geist zu „leeren“, ständig kreisende Gedanken loszuwerden und ganz im Hier und Jetzt zu sein, ohne an Vergangenes oder Zukünftiges zu denken.
Welche Methode ist die Richtige für mich?
Für sich selbst eine Methode zu finden, die einem persönlich zusagt, kann allerdings bedeuten, dass man Verschiedenes ausprobieren muss. Nicht jeder Mensch möchte in einer größeren Gruppe mit vielen anderen zusammen seine persönlichen Probleme oder eine vielleicht anfangs noch stark vorhandene Unruhe und dementsprechende Unfähigkeit zum Entspannen besprechen oder vorführen. Um eine der anerkannten EntspannungsMethoden vermittelt zu bekommen und diese dann für sich zu Hause immer wieder üben und durchführen zu können, bietet sich daher unter Umständen ein Einzelunterricht bei einem ausgebildeten Entspannungstrainer an, der dann auf individuelle Bedürfnisse abgestimmt und je nach Fähigkeiten des jeweiligen Lehrers auch noch mit Fantasiereisen oder kurzen Massagen ergänzt werden Yoga und Pilates sind aktive Methoden, bei denen unter Anleitung sowohl körperliche Übungen durchgeführt und dabei der Körper gekräftigt und gedehnt wird, als auch zwischendurch oder am Ende einer Lektion bewusst entspannt wird. So wird hierdurch sowohl eine körperliche Beweglichkeit, als auch die bewusste Wahrnehmung der Entspannung gefördert. Die körperlichen Übungen helfen hier dabei, Körper und Geist wieder als eins zu empfinden, wodurch der Geist sich aufs Hier und Jetzt konzentrieren kann.
Welche anderen Methoden zur Entspannung gibt es noch?
Darüberhinaus gibt es zahlreiche andere Möglichkeiten, für sich Entspannung und Ruhe zu finden. Das können beispielsweise Klangschalenmassagen sein, bei denen handgefertigte Klangschalen auf den Körper des Menschen aufgestellt und sanft angeschlagen werden. Das Zusammenspiel zwischen dem Spüren der Vibrationen und dem Hören der harmonischen Klänge führt zu einer tief gehenden Entspannung, die gegen Schlafstörungen und Nervosität hilfreich sein kann.
Wohltuende Massagen sind ebenso ein sehr effektives Mittel, akuten Stress, körperliche An- und Verspannungszustände in Form von Rücken-, Schulter- oder Kopfschmerzen zu lindern. Hier bieten sich ganz besonders solche Massageformen an, die aus langjährigen Traditionen überliefert sind und einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen. Als Beispiel wären hier die AyurvedaMassage oder die traditionelle tibetische Massage zu nennen, bei denen die Menschen passend nach ihrem individuell vorherrschenden Grundtypus behandelt werden. Beide Methoden führen im Idealfall sowohl zu einer Verringerung körperlicher Verspannungszustände als auch zu einer sehr tief und nachhaltig wirkenden körperlichen und geistigen Entspannung.
Für einige Menschen kommen vielleicht eher Qi Gong,Tai Chi oder andere fernöstliche Konzentrations-, Meditations- und Bewegungsformen in Frage, um den Geist zu beruhigen und zu stabilisieren. Alle diese Methoden verfolgen dasselbe Wirkprinzip auf unterschiedliche Art.
Aber: diese „ruhigen“ Methoden sind nicht die Richtigen für jeden. Wer immer schon sehr sportlich war, der benötigt zum Abschalten vielleicht eher ein körperliches Auspowern und wird seine ständig kreisenden Gedanken beim Joggen, Laufen oder Radfahren los. Das Bewegen an der frischen Luft unterstützt dabei außerdem das Immunsystem und lindert so auch die Anfälligkeit für Krankheiten. Menschen, die über ein tief sitzendes Konkurrenzdenken verfügen, sollten allerdings darauf achten, dass sie den Sport nicht übertreiben oder sich selbst unter Druck setzen. Sonst entstehen dadurch neue Stresssituationen, die dann wieder negative Auswirkungen auf Körper oder Geist nach sich ziehen könnten.
Was muss ich tun, um meine innere Unruhe loszuwerden?
Der Wunsch, seine innere Unruhe und damit verbundene körperliche oder seelische Schäden loszuwerden, steht immer damit im Zusammenhang, sich wieder Zeit für sich selbst zu nehmen. Um eine der oben aufgeführten Entspannungsverfahren zu erlernen und regelmäßig zu praktizieren, sich endlich (wieder) einer bestimmten Sportart zu widmen oder sich entspannende und wohltuende Massagen zu gönnen, muss man sich öfter aus seinem Hamsterrad befreien und lernen, auch mal Nein zu sagen. Viele Arbeitgeber haben die Problematik von krankheits- oder stressbedingten Arbeitsausfällen erkannt und unterstützen bewusst die Work-Life-Balance, entweder durch entsprechende Angebote während oder nach der Arbeitszeit oder auch finanziell durch Zuschüsse zu externen Kursen.
Gegenüber den Menschen aus seinem persönlichen Umfeld gilt es dann, seine persönlichen Bedürfnisse klar zu kommunizieren und die notwendige Ruhephasen einzufordern. Für sich selbst feste Zeiten für Sport oder Massagen oder den Spaziergang in der Natur zu definieren, kann hier sehr ratsam sein.
Was gewinne ich durch ein Leben ohne inneren Unruhe?
Karriere oder Geld nicht mehr als wichtigstes Merkmal eines guten und sinnvollen Lebens zu sehen, sondern sich mehr um seine Gesundheit, das eigene Wohlergehen und das anderer zu kümmern, wird ganz sicher zu einem zufriedeneren, glücklicheren und gesünderen Leben führen.
Wenn wir wieder fröhlicher, gesünder und weniger stressanfällig sind durch bewusste und aktive Zeiten der Entspannung und Erholung, wird sich das positiv auf die Leistungsfähigkeit und den persönlichen Umgang mit Kollegen, Vorgesetzten und Familienmitgliedern auswirken. Ohne eine ständige innere Unruhe besser schlafen zu können, mehr Energie und ein gesteigertes Konzentrationsvermögen zu empfinden, steigert die Lebensqualität und führt insgesamt zu einem erfüllteren, gesünderen Leben.
Autor: Karin Savignano
Thema: Was tun bei innerer Unruhe
Webseite: https://www.soundsandsilence.de
Autorenprofil Karin Savignano:
- Karin Savignano, verheiratet und Mutter von 2 Kindern im Alter von 15 und 17 Jahren
- Dipl.-Betriebswirtin
- DPS-zertifizierte Entspannungstrainerin seit Februar 2010
- zertifizierte Kursleiterin für Autogenes Training (DPS-Zertifikat) - Februar 2010 und Progressive Muskelentspannung (AHAB Akademie) - Juli 2016
- Klangmassage-Praktikerin seit 2009, laufende Fortbildungen bis 2013
- Absolventin einer 2-jährigen Fachausbildung in tibetischer Medizin und traditioneller tibetischer Massage (2015 bis 2017)
- Laufende Fortbildungen, Besuche von Retreats und Workshops bei buddhistischen, bzw. tibetischen Lehrern - zuletzt im Juni 2019 - sowohl zur privaten Entspannung und inneren Sammlung, als auch zur beruflichen Weiterbildung
- Eigene Entspannungspraxis seit April 2010 in Ludwigsburg - mit Schwerpunkt tibetische Massagen und Behandlungsformen