Werden in der Schule die wichtigsten Dinge des Leben unterrichtet?

Wie oft bekomme ich zu hören, das wirklich Wichtige würde doch in der Schule gar nicht unterrichtet werden. Was ist mit Steuerrecht? Warum nur ein Handyvertrag abschließen? Was ist mit der mentalen Gesundheit?

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Ja, tatsächlich werden viele dieser Themen nur rudimentär oder gar nicht angesprochen, je nachdem, wie engagiert ein Lehrer ist. Aber ist das die Aufgabe der Schule? Ist das der Sinn? Das System in diesem Land setzt beispielsweise ein Abitur für ein Studium voraus. Regeln muss es geben, dies ist eine davon. Was weise ich mit einem Abitur nach? Mit einem abgeschlossenen Abitur beweise ich nicht, dass ich Dreisatz anwenden, über den Schlieffenplan Bescheid weiß oder den Buddhismus erklären kann. Es zeigt nur, dass ich mich über viele Jahre mit der Erreichung eines Zieles auseinandergesetzt habe und fähig bin, mich auch mit Themen zu beschäftigen, die mich privat nicht interessieren. Ich weise nach, dass ich mich mit unbekannten Texten und Kerngedanken auseinandersetzen kann, außerdem fähig bin, ein Buch aufzuschlagen oder das Internet zu nutzen, um Informationen zu erhalten über Dinge, die mir bislang unbekannt waren. Ich zeige nur, dass ich selbst Probleme angehen und Lösungswege entwickeln kann. Dabei ist es völlig egal, ob ich Sportleistungskurs oder Physik und Mathe hatte.

Viele Dinge, die hier aus Zeitgründen oder mangelnder Notwendigkeit nicht behandelt werden, sollten meiner Meinung nach immer noch Themen in der Familie sein. Lerne ich nicht von meinen Eltern, dass ich mit meinem Geld haushalten und nicht unnötige Handyverträge abschließen soll? Lerne ich nicht hier, mir etwas Gutes zu tun und dafür zu sorgen, dass Arbeit nicht mein ganzes Leben ausmacht? Ist es nicht Aufgabe des Elternhauses, mir zu zeigen, wie man lebt? Oder bekomme ich ein Kind, gebe es in die Schule und hoffe, dass die schon alles dafür tun werden, damit mein Kind lebensfähig ist?

Und jetzt soll die Schule auch noch das leisten, was zu Hause versäumt wird, soll Kindern am besten noch das komplette Steuersystem erklären, ihnen den Umgang mit einer Blasenentzündung oder einer unreinen Hauskatze zeigen? Irgendwo ist doch mal Schluss. Mal im Ernst, wenn man wirklich etwas aus der Schule mitgenommen hat, dann, dass man sich auf Fragen des alltäglichen Lebens selbst ausreichend Informationen suchen und Lösungen finden kann. Und wenn man das alleine nicht schafft, braucht man vielleicht professionelle Hilfe. Ich glaube nicht, dass zwei Monate Unterricht über Steuerrecht in der 10 Klasse dafür sorgen, dass die Schülerinnen und Schüler später ihre Steuererklärung selber machen können. Und ich glaube auch nicht, dass das wirklich Sinn der Sache ist. Es ist so leicht, auf das Schulsystem zu schimpfen und glauben Sie mir bitte, ich erlebe in meinem Alltag auch ständig Aspekte, die ich gerne ändern würde. Aber würde es den perfekten Weg geben, hätte ihn nicht längst jemand angestrebt? Alles aufs Schulsystem abzuwälzen, alle Probleme dieser oder künftiger Generationen Lehrerinnen und Lehrern, Lehrplänen und Direktoren anhängen, ist bei weitem nicht fair. Ich sehe immer noch einen Großteil der Erziehungsaufgabe bei den Eltern, zusammen mit den Lehrern. Aber Eltern, die Kindern in der komplette Kindheit vorleben, ständig über ihre finanziellen Möglichkeiten zu leben, regelmäßig an Burnout zu leiden oder Verträge nie richtig durchzulesen, können wahrscheinlich von keinem Lehrer durch eine Unterrichtssequenz in der 9. Klasse behoben werden?

Autor: Anke Wachtendorf - Schülercoach, Lern- und Erziehungsberatung, Verlagsautorin
Thema: Werden in der Schule die wichtigsten Dinge des Leben unterrichtet?
Webseite: http://www.schuelercoaching-wachtendorf.de

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