Anzeichen von Depressionen
Die Depression ist eine sehr ernst zu nehmende psychische Erkrankung, bei der eine frühe Diagnose und entsprechende Therapie enorm wichtig ist.
Die so genannte „Gemütskrankheit“ hat sehr viele Gesichter und ist aus diesem Grund leider auch oft nicht so leicht zu erkennen. Die Symptome sind ebenso vielseitig wie tückisch.
Wer kennt es nicht… man ist niedergeschlagen und traurig, gleichgültig, ständig müde, kommt morgens nicht aus dem Bett, der Tag liegt wie ein riesiger Berg vor einem, den man überwinden muss. Man hat keine Energie und Lust zu gar nichts, Freunde treffen wird zur Qual. So sehr man es auch möchte, die Freudlosigkeit an allem, was einem mal Spaß gemacht hat, umhüllt einen wie ein schwerer dunkler Vorhang, den man nicht ablegen kann.
Die kleinsten alltäglichen Aufgaben wie Staub saugen, Spülmaschine ausräumen oder mit dem Hund raus gehen, fallen unglaublich schwer oder sind sogar unmöglich. Entscheidungen treffen – nicht machbar. Ebenso sind Schlaflosigkeit, ständiges Grübeln, Zukunftsängste, Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung mit von der Partie.
Diese unschöne Liste könnte noch um einige Punkte weitergeführt werden und als wäre das nicht schon mehr als genug, kommen natürlich auch noch die körperlichen Symptome hinzu! Kopfschmerzen bis hin zu Migräne, Schwindel, Tinnitus, Atemnot, Engegefühl, Druck auf der Brust, Herzschmerzen, Herzrhythmusstörungen, erhöhter Blutdruck, Übelkeit, Magenschmerzen, Appetitverlust, Rücken-/Nackenschmerzen, Libidoverlust, schlechtes oder verschwommenes Sehen, Lichtüberempfindlichkeit, Schluckbeschwerden – der berühmte Kloß im Hals.
Natürlich treten diese Anzeichen nicht alle gemeinsam und zur gleichen Zeit auf. Um die Diagnose „depressive Episode“ stellen zu können, müssen eine gewisse Anzahl von bestimmten Symptomen über einen Zeitraum von mindestens 2 Wochen vorliegen. Da es für viele dieser zahlreichen Anzeichen auch organische Ursachen geben könnte, muss dies vorher auf jeden Fall durch entsprechende körperliche Untersuchungen ausgeschlossen werden.
Typische Symptome
Die internationale Klassifikation psychischer Störungen (ICD-10) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) benennt drei typische Hauptsymptome einer depressiven Episode, die hier im Folgenden etwas näher erläutert werden sollen.
- Gedrückte Stimmung
Die gedrückte Stimmung ändert sich von Tag zu Tag wenig, reagiert meist nicht auf die jeweiligen Lebensumstände, kann aber charakteristische Tagesschwankungen aufweisen. Es kann zu dem „Gefühl der Gefühllosigkeit“, emotionaler Unbeteiligtheit, Gefühlsarmut, Sinn- und Hoffnungslosigkeit kommen. Die Patienten fühlen sich in schweren Fällen tot, ausgebrannt (der berühmte „Burn-Out“), wie versteinert. Sie fühlen sich zum Teil zutiefst verzweifelt und nutzlos. - Interessenverlust/Freudlosigkeit
Hobbys und Interessen, die früher Freude bereitet haben, werden nicht mehr verfolgt. Die Betroffenen können weder Freude noch andere Gefühle empfinden, innerlich fühlen sie sich leer und gefühlstot. Aufmunterungsversuche durch andere Menschen haben keinen Effekt. Auch positive Erlebnisse verbessern die Stimmung nicht. - Verminderung des Antriebs/erhöhte Ermüdbarkeit
Die Patienten sind häufig in ihrem Antrieb gehemmt bzw. antriebsarm. Es kommt zu sozialem Rückzug. Es besteht eine erhöhte Ermüdbarkeit, d.h. schon kleinste Anstrengungen führen dazu, dass sich die Betroffenen stark erschöpft fühlen und dadurch selbst den kleinsten alltäglichen Anforderungen nicht mehr genüge tragen können. Das morgendliche Aufstehen wird zum Kraftakt, Müdigkeit zum Normalzustand. Die Aktivität ist dadurch stark eingeschränkt, manche verlassen das Bett gar nicht mehr. In schweren Fällen kann es sogar zu völliger Bewegungslosigkeit kommen.
Andere häufige Symptome
Zu den drei Hauptsymptomen führt die ICD-10 noch die sieben folgenden Nebensymptome auf:
- Verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit
- Vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen
- Schuldgefühle und Gefühle von Wertlosigkeit
- Negative und pessimistische Zukunftsperspektiven
- Suizidgedanken, erfolgte Selbstverletzung oder Suizidhandlungen
- Schlafstörungen
- Verminderter Appetit
Verschiedene Schweregrade
Abhängig von der Zahl und Schwere der Symptome ist eine depressive Episode als leicht, mittelgradig oder schwer einzustufen. Das Ausmaß noch möglicher sozialer und beruflicher Aktivitäten im Alltag ist bei der Beurteilung des Schweregrades oft hilfreich. Die Einteilung der Schweregrade stellt sich wie folgt dar:
Leichte depressive Episode
- mindestens 2 typische und 2 andere häufige Symptome
- Mindestdauer 2 Wochen
- kein Symptom ist besonders ausgeprägt
Mittelgradige depressive Episode
- mindestens 2 typische Symptome und 3 - 4 andere häufige Symptome
- Mindestdauer 2 Wochen
- einige Symptome sind besonders ausgeprägt
Schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome
- alle 3 typischen Symptome
- mindestens 4 häufige Symptome
- einige Symptome sind besonders ausgeprägt
- bei besonders schwerer Symptomatik darf die Dauer von 2 Wochen auch unterschritten sein
Schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen
Bei diesem Schweregrad treten zu den Merkmalen der schweren depressiven Episode zusätzlich noch psychotische Symptome auf. Halluzinationen, Wahnideen (z.B. Verarmungswahn, hypochondrischer Wahn, Schuldwahn, Kleinheits- oder Nichtigkeitswahn), psychomotorische Hemmung oder eine völlige körperliche und geistige Regungslosigkeit sind so stark ausgeprägt, dass soziale Aktivitäten unmöglich sind und Lebensgefahr durch Suizid, sowie mangelhafte Flüssigkeits- und Nahrungsaufnahme bestehen kann.
Natürlich fragen sich die Betroffenen so gut wie immer, wo DAS denn nur herkommt…! Auch diese Frage ist nicht wirklich eindeutig zu beantworten. Generell sind die Ursachen einer Depression meist multifaktoriell bedingt. Genetische Faktoren, Störungen im Neurotransmittersystem, kritische Lebensereignisse, körperliche Erkrankungen und Medikamente können die Krankheitsentwicklung begünstigen. Ebenso ursächlich können aber auch Fehlentwicklungen in der frühen Kindheit, der Wegfall von Zuwendung und Anerkennung von wichtigen Bezugspersonen oder das Erlernen von negativen Denkmustern sein.
Aber was auch immer die Ursache für diese heimtückische Krankheit ist… wichtig ist, wie man damit umgeht und was man daraus macht! Aus diesem Grund ist es von enormer Bedeutung, dass die Betroffenen in erster Linie Verständnis und Unterstützung in ihrem sozialen Umfeld erfahren. Gut gemeinte Ratschläge wie „Das wird schon wieder!“ oder „Du musst dich nur mal ein bisschen zusammenreißen!“ sind dabei absolut kontraproduktiv. Diese Ratschläge sind in dem Moment tatsächlich Schläge für die entsprechende Person. Der Patient möchte aus dieser Situation unbedingt raus, aber genau das schafft er eben allein einfach nicht. Das sollte Angehörigen und Freunden bewusst sein. Einfach mal zuhören, ein verständnisvolles Gespräch und vielleicht sogar der gemeinsame Gang zum Arzt kann dagegen der erste Schritt in die richtige Richtung sein. Viele Menschen würden sich genau diese Unterstützung sicher wünschen, können es aber nicht äußern, weil die Scham einfach zu groß ist. Denn leider ist auch heute diese nicht wirklich sichtbare Erkrankung – denn man hat ja schließlich kein Bein in Gips und der Kopf sitzt auch noch auf dem Hals – noch immer nicht „gesellschaftsfähig“.
Für diejenigen, die vielleicht erstmal für sich selbst abklären möchten, ob sie denn nun einfach nur schlecht drauf, oder eben doch depressiv sind, gibt es durchaus Möglichkeiten. Zum Beispiel hat der renommierte New Yorker Psychiater Ivan K. Goldberg einen Selbsttest entwickelt, der wichtige Hinweise auf die seelische Verfassung der Testperson liefern kann.
Natürlich ersetzen derartige Selbsttests keinesfalls die Diagnose durch einen Experten. Sollte der ernsthafte Verdacht gehegt werden, eventuell an einer Depression erkrankt zu sein, sollte auf jeden Fall immer so bald wie möglich ein entsprechender Facharzt aufgesucht werden!
Es gibt absolut keinen Grund dafür, den Gang zum Arzt zu scheuen oder sich gar dafür zu schämen – das soll an dieser Stelle nochmal ganz deutlich hervorgehoben werden!
Depressionen sind die häufigste psychische Erkrankung weltweit und allein in Deutschland leiden schätzungsweise 4 Mio. Menschen an einer behandlungsbedürftigen Form. Diese Zahlen sprechen für sich… sollte man davon betroffen sein, ist man damit nicht allein! Bei frühzeitiger Diagnose und entsprechender Therapie bestehen gute Aussichten auf eine langfristige Verbesserung des Beschwerdebildes und eine erhebliche Reduzierung des Rückfallrisikos.
Autor: Tanja Eiffler
Thema: Nur schlecht drauf – oder doch depressiv?!
Webseite:
#Depressionen, #Verhaltensmuster, #Gefühle, #Unzufriedenheit