Die Psyche lässt sich nur schwer einzeln betrachten. Der Mensch ist letztlich die Summe des gesamten Universums und dementsprechend vielschichtig.
Und so verhält es sich auch bei psychischer Überforderung denn all die verschiedenen Symptome können mit dem ganzen Spektrum des Lebens in Zusammenhang stehen und innerlich auf einen einwirken. Für unser Bewusstsein und unseren Verstand ist dies zunächst oft nicht zu verstehen.
In diesem Artikel möchte ich es etwas begreifbarer halten und mich auf die Psyche im Zusammenhang mit Körper, Geist und Seele, die Vergangenheit und die aktuelle Lebenssituation beschränken.
Schon während der Schwangerschaft beginnt die Entwicklung des Kindes, und zwar nicht nur des Körpers sondern auch des Nervensystems . Erste vorgeburtliche Erfahrungen werden bereits implizit im Körper gespeichert. Je nachdem in welcher Umgebung die Mutter lebt und welche Erfahrungen und Erlebnisse sie in ihrem Leben gemacht hat, hat das auch Auswirkungen auf das ungeborene Kind. Dabei spielt das Nervensystem der Mutter eine wichtige Rolle. Je nachdem wie sie gelernt hat Ihr Nervensystem zu regulieren, wenn z.B. wegen unverarbeiteter schwerwiegender Erlebnisse das Nervensystem hoch aktiviert ist, dieses zeigt sich durch Hektik, Nervosität, Rastlosigkeit oder Antriebslosigkeit, hat das auch direkten Einfluss auf das Nervensystem des Kindes.
Wenn das Kind geboren wird, ist das Nervensystem noch nicht voll ausgebildet und benötigt die Unterstützung seiner Mutter und anderer Bezugspersonen, um sich zu entwickeln. Gefühle wie Hunger, Durst und den Wunsch nach Nähe sind für das Neugeborene existenziell und haben eine hohe energetische Ladung. Das Kind einfach schreien und weinen zu lassen würde es überfordern und das Nervensystem würde abschalten, wenn es keine Unterstützung von außen bekäme. Eine gute Unterstützung ist die emotionale Nähe der Bezugspersonen sowie körperliche Fürsorge. Zudem braucht es Bezugspersonen die konstant und klar in ihrer mütterlichen oder väterlichen Rolle sind. Das macht die Welt für den Neugeborenen berechenbar und gibt ein Gefühl des Willkommen seins und der Sicherheit. Das hilft wiederum dem Nervensystem sich elastisch zu entwickeln und schwierige Situationen gut zu überstehen, auch Resilienz genannt.
Ein Kind das so mit Liebe, Wärme, Zuwendung und Fürsorge aufwächst wird ein starkes Selbstwertgefühl entwickelt haben. Sein Bindungsverhalten ist gesund. Sein Leben und seine Psyche werden auch unter schwierigen Situationen weniger überfordert sein.
Doch nicht selten rufen wir Menschen die schmerzhaften Erinnerungen, Defizite und Kälte der eigenen Kindheit wieder ins Gedächtnis. All die kindlichen Anteile die nicht geheilt worden sind, treten nun wieder in den Vordergrund. Diese verletzen Anteile fühlen sich sehr real an und verzerren die Realität der Erwachsenen, wodurch es leider zu Verletzungen, wie Demütigung, Respektlosigkeit, Vernachlässigung, Übermutterung, Gewalt und Missbrauch an den Kindern kommen kann.
An dieser Stelle beginnt für den Heranwachsenden die psychische Überforderung. Diese kann je nach Schwere der Verletzung und Konstitution des Kindes unterschiedliche Auswirkungen haben, sowohl auf die Psyche als auch auf das Leben. Beispiele für eine solche psychische Überforderung sind Eltern, die in ihrem Kind einen Partnerersatz suchen oder eigene Kinder für ihre eigenen schulischen, sportlichen oder beruflichen Misserfolge oder Wünsche einsetzen, um diese zu kompensieren. Auch Krankheiten der Eltern wie z.B. Depression oder Alkoholismus spielen eine Rolle, häufig gibt es zwischen diesen Eltern Streit. In diesen Familien ist eine Atmosphäre der Anspannung und Unruhe. Eltern holen sich ich bei ihren Kindern Rat, Trost oder gute Gefühle. Oder lassen ihre eigene Unzulänglichkeit an den Kindern aus.
Die Kinder lernen dann sehr schnell sich von ihren eigenen Bedürfnissen und Gefühlen abzuschneiden, um die Bindungsbeziehung zu ihren Eltern aufrechtzuerhalten. Die Rolle von Eltern und Kind werden vertauscht. Als Folge können die Kinder Symptome entwickeln wie Hyperaktivität, Unruhe, Ängste und Wutausbrüche. Ebenso können sich Lernschwächen und Konzentrationsprobleme entwickeln. Wenn dazu Androhung von Gewalt kommt, dann verschlimmern sich auch die Symptome wie Schlafstörungen, Stottern, Ängste, Resignation, Lernschwäche, Wertlosigkeit, Hoffnungslosigkeit, Dissoziation, Wutausbrüche.
Heute gibt es dafür ein Wort – „Entwicklungstrauma“
Durch psychische Überforderung in verschiedenen Entwicklungsstadien entwickeln sich verschiedene Bindungsmuster und Strategien die ein Leben lang aktiv bleiben wenn man sie nicht bearbeitet. :
Vermeidend – Ambivalent – Desorganisiert
Vermeidend bedeutet: spaltet seine Gefühle ab, kann sich nur schwer auf zwischenmenschliche Beziehungen einlassen, brillante Köpfe, klare Denker,
Ambivalent bedeutet: andere Menschen sind wichtiger als das Selbst, große Sehnsucht nach Nähe bei gleichzeitiger Sorge, sich darin zu verlieren, sind meist in helfenden Berufen
Desorganisiert bedeutet: eine hohe Erregung im Körper, Angst vor Kontakt, neigt zur Dissoziation, Neigung zu Drogen
Diese Bindungsmuster sind eine Art Überlebensstrategie, damit die Bindung zu den Eltern geschützt ist. Doch gleichzeitig schneidet man sich von seinem eigenen Selbst ab. Da Gefühle und Bedürfnisse aus dem Körper heraus entstehen, lernt man den Köper Stück für Stück zu verschließen. Der Körper wird zu einer Festung. Der Lebensfluss wird gehemmt, findet keinen klaren Ausdruck mehr. Es wird viel Energie darauf verwendet den Körper unter Verschluss zu halten, die an anderer Stelle fehlt.
In Konfliktsituationen machen wir als Erwachsene nicht selten unsere Umgebung, die derzeitige Lebenssituation oder den/die Partner/in, den/die Freund/in oder das Kollegium für unsere schwierigen Gefühle wie Wut, Trauer, Wertlosigkeit, Leere, Ängste oder Einsamkeit verantwortlich. Dies wird auch Projektion genannt. Doch letzten Endes stecken die Gefühle schon längst in uns und warten darauf selbst gefühlt zu werden.
Da wir sehr früh lernen uns von unseren Körper, unseren Gefühlen und Bedürfnissen abzuspalten und uns von unserem wahren Selbst zu distanzieren, bringen wir das mit unserer Vergangenheit oft gar nicht in Verbindung. Manchmal haben wir nur so ein Gefühl, das es irgendwie schon immer anstrengend war im Leben.
Sich von seinem Körper, Gefühlen und Bedürfnissen abzuspalten ist sehr anstrengend und verbraucht viel Energie, die uns an anderer Stelle fehlt.
Irgendwann im Leben gerät man in eine Sackgasse und hat das Gefühl so geht es nicht weiter. All die unerledigten Erlebnisse und Gefühle machen auf sich aufmerksam. Symptome wie Traurigkeit, Wut, Aggression, Ängste, Resignation, Einsamkeit, Fluchttendenz, Antriebsstörung oder ein ganzes Wirrwarr an Gefühlen, die in der innerlichen Wahrnehmung als chaotisch und als ein großes Durcheinander erlebt werden. Auf der Körperebene sprechen wir entweder von Verspannungen oder einer Panzerung.
Da man dieses Durcheinander an Gefühlen nicht einordnen kann und man sie von außen nicht sehen kann, verstehen wir oft die Ursache nicht und vertrauen uns selbst nicht. Also ziehen wir uns damit zurück. Eine andere Möglichkeit mit Gefühlen umzugehen ist, die Ursache für schwierige und nicht aushaltbare Gefühle nach außen zu legen, indem andere für die eigenen Gefühle verantwortlich gemacht werden. Man projiziert sein inneres Erleben auf den Anderen, eine Situation oder erlebt die ganze Welt als schlecht.
Der Alltag scheint einen fest im Griff zu haben, man findet bei all den Dingen, die noch zu erledigen sind einfach keine Ruhe. Ob es bei der Arbeit, im Haushalt oder um die Freizeitgestaltung geht, alles fühlt sich einfach zu viel an. Die eigene Handlungsfähigkeit ist gar nicht spürbar, eher fühlt es sich an wie gelähmt zu sein. Der Kopf findet einfach keine Ruhe, die Gedanken kreisen um die unerledigten Dinge manchmal bis zum Kopfschmerz oder zur Migräne. Sorgen um die Beziehung zum Partner, zu Freunden oder dem Kollegium. Mangelndes Selbstwertgefühl und keine klare Position verstärken oft das Gefühl, kein Recht auf die eigenen Grenzen zu haben. Nein sagen ist keine Option. So erleben diese Menschen oft Übergriffe wie Streit, Missgunst, Konkurrenzdenken und Mobbing. Mangelnde Konfliktfähigkeit und Durchsetzungsvermögen bestärken das Gefühl der Wertlosigkeit und Hilflosigkeit.
Die Sehnsucht nach einem Partner/in wird so groß, dass man den Schmerz des Alleinseins einfach nicht mehr aushält. Nicht wenige bleiben deswegen in Beziehungen, die nicht gut tun. Die psychische Überforderung und die Last die man trägt, wird immer fühlbarer und lässt sich nur schwer unterdrücken. Auch bei guten Paarbeziehungen können alte Wunden aus der Kindheit auftauchen, die mit der heutigen Situation gar nichts zu tun haben.
Diese ungelösten Erlebnisse und die dazu gehörigen Gefühle bringen den Körper, die Wahrnehmung, das Erleben und Denken derart durcheinander, dass man sich selbst als total chaotisch empfindet. Der Alltag kann nur unter hoher Anstrengung oder gar nicht mehr bewältig werden. Hinzu kommen dann Gefühle wie Sinnlosigkeit oder einer innerlichen Leere.
Symptome wie wechselnde körperliche Schmerzen, Magen- Darmprobleme, Übelkeit, starke Hitze oder Kälte, Ohrengeräusche, Wutausbrüche, sozialer Rückzug, Beziehungslosigkeit, Ohnmachtsgefühle, verzerrte Realität, Depression und Burn out können auftauchen.
Für eine psychische Überforderung kann es auch aktuelle Auslöser geben wie z.B. ein nicht erfüllter Kinderwunsch, unerwünschter Kinderwunsch, Trennung, Tod eines nahestehenden Menschen, Verlust des Jobs, Krankheit, Operationen oder ein Unfall.
Um eine organische Ursache für die Symptome auszuschließen ist es notwendig sie bei einem Arzt abklären zu lassen.
Wenn die Symptome psychischer Natur sind, können Sie sich bei einem Heilpraktiker (Psychotherapie) oder einen Psychotherapeuten Unterstützung holen.
Gerne dürfen Sie auch mich bei Fragen kontaktieren. Ich freue mich auf Sie!
Autor: Axel Pagel
Thema: Psychische Überforderung - Symptome
Webseite: https://www.traumatherapie-koeln.com
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