Irgend eine Form von Angst hat jeder irgendwann. Und eine gewisse Menge von Angst zu haben kann als Gesund betrachtet werden. Es ist genau die Angst vom Autos überfahren zu werden, die uns da zu führt, in beide Richtungen zu schauen, bevor wir quer über die Straße gehen. Angst hilft uns auch die Gefahr von unserer Umgebung einzuschätzen und dient dabei als Alarm.
Aber- wenn die Angst außer Kontrolle geraten ist, erlauben wir uns nicht mehr, das zu tun, was wir wirklich gerne tun würden. Wir verlieren eigentlich die Kontrolle und lassen uns wegen der Angst unsere Entscheidungen ganz anders fällen. Da gehen wir vielleicht nicht mehr mit dem öffentlichen Verkehrsmittel auf Grund eine Agoraphobie- die Angst vor Menschenmenge. Oder vermeiden Urlaubsziele in Fernländer zu buchen, auf Grund einer Flugangst.
Was für Ängste/ Angststörungen gibt es?
Wie ich gesagt habe, hat jeder eine Angst von irgendwas. Das ist normal. Wann ist es nicht mehr normal?? Wann Du bemerkst, dass Du keine Kontrolle mehr über Dein Leben hast. Die Angst beeinträchtigt Dein Leben. Du vermeidest irgend Aktivitäten auf Grund dieser Angst. Dein tägliches Leben wird beeinflusst. Deine Stimmung wird auch eher in Richtung einer depressive Stimmung beeinträgtigt. Du erlebst Schlafstörungen, vielleicht auch Albträume. Auch rein körperliche Symptome können auftauchen (bzw. Hautausschläge, Magenschmerz usw...)
Für diagnostische Beihilfe, sind einige Ängste zu Angststörungen und Phobien unter F4 der Diagnostsche Manual ICD-10 kategorisiert.
Die größte Kategorie von Angststörungen sind spezifische Phobische Störungen, die auf ein Objekt oder Situation gezielt sind. Zum Beispiel, die Angst vor Spinnen ( Arachnophobie) ist eine Objekt-orientierte Angst. Höhenangst im Vergleich ist die situationbezogene Furcht vor großen Höhen.
Dann gibt es auch Panikstörungen, spontan auftretende Angstattacken, die nicht auf ein spezifisches Objekt oder eine spezifische Situation bezogen sind. Sie beginnen abrupt, erreichen innerhalb weniger Minuten einen Höhepunkt und dauern mindestens einige Minuten an. Physische Symptome, die einen Anfall begleiten, sind z.B. körperweites Zittern, Übelkeit, Atmennot, Verwirrtheit, und Schwindel.
Und eine weiter bekannte Störung ist PTBS, Post-traumatische Belastungsstörung.. Diese Störung ergibt sich auf Grund eines traumatischen Erlebnisses, wie Krieg, Folter, Katastophen, Vergewaltigung, Kindesmißbrauch, Mobbing, oder auch sogar bei einem Auto-Unfall.
Angststörungen können sogar auch andere Psychologische Krankheiten begleiten, wie zum Beispiel, Depression, oder einige Persöhnlichkeitsstörungen. Sie können auch von Drogen- und Alkoholmißbrauch entstehen.
Das sind nur ein paar Beispiele der ganzen F4 Kategorie. Aber jetzt kannst Du Dir ein Bild machen.
Was kann ich allein tun um mich von Angst zu befreien
Wenn Deine Ängste nicht zu überwältigend sind und Du möchtest sie einfach in Griff bekommen, versuche alle oder nur einige von den folgenden Ratschlägen:
1.) Hör auf die Angst zu füttern. Oft, fokusieren wir auf unsere Angst, und wir kommen in ein Gedankenrad. Nichts anderes läuft außer diese Angst in unserem Kopf. Um dieses Gedankenrad anzuhalten, konzentrier Dich auf Dein Atmen!
2.) Atme weiter und merk, wie Deine Aufmerksamkeit auf Dein Atmen, die Angst beeinträchtigt hat. Du hast die Kontrolle von der Angst übernommen, auch wenn es nur kurz sein mag.
3.) Gib der Angst seinen Platz. Versuch die Angst nicht mehr zu verdrängen oder wegzustoßen. Versuch die Angst jetzt erstmal zu verstehen. Oft kann ein Mensch die Angst überdimensional vergrößen lassen, bis sie fast platzt. Was ist die realistische Situation in der Du dich befindest?? Ist die Menge Angst angemessen im Bezug auf die Situation in der Du dich befindest? Während Du diese Überlegungen über die Angst machst, atme bewusst ein und aus.
4.) Und jetzt versuch die folgende Atmen-Übung um Dich in die Mitte zu bringen.
Sitzt auf dem Boden im Schneidersitz. Wenn das nicht machbar ist, nimm einen Stuhl der keine Rücklehne hat. Und beginn Dein Atmen wahrzunehmen. Versuch dein Atmen nicht zu kontrollieren – einfach fließen lassen. Von wo atmest Du? Spür den Platz von wo Du atmest (z.B.Lunge oder Bauch).
Dann bieg Dein Oberkörper nach vorne, so weit wie möglich und halte diese Position für etwa 20- bis 25 Sekunden. Wie ist es in dieser Position zu atmen?? Einfacher oder schwieriger?? Und jetzt wieder zurück zur Mitte und halte Deinen Rücken und Hals, aufrecht.
Und jetzt, bieg Dich nochmals nach vorne, und spür diese Position nur kurz, um zu sehen wie es beim Atmen war, und dann rotiere Deinen Oberkörper 90 Grad nach rechts, in Uhrzeigerichtung. Es ist als wie man mit dem Oberkörper eine Kreisbewegung ausführt. Man merkt daß man auf der rechten Gesäßseite weit nach rechts lehnt. Wie ist das Atmen in dieser Position? Die Stellung für 20 bis 25 Sekunden anhalten. Und jetzt wieder zurück zur Mitte. Und spür wie es in der Mitte wieder zu sein ist und zu atmen.
Bieg Dich jetzt wieder nach rechts, von der Position wo Du zuletzt warst. Spür Dein Atmen in dieser Position nochmals ganz kurz und rotiere Deinen Oberkörper 90 Grad nach hinten. Wenn Du Dich nach hinten lehnst, spürst Du höchstwahrscheinlich eine Spannung am Steißbein. Und die Bauchmuskeln werden auch angespannt in dieser Position. Wie ist es zu atmen?? Einfach oder schwierig? Geh nach 20-25 Sekunden zurück in die Mitte mit aufrecht gehaltenem Oberkörper. Dein Atmen weiter fliessen lassen und spüren.
Und jetzt beweg Dich kurz zurück nach hinten wo Du gerade warst. Atmen und Körper kurz spüren und dann Deinen Oberkörper 90 Grad nach links drehen. Nach 20-25 Sekunden, darfst Du wieder zurück in die Mitte und nochmals spüren und vergleichen mit der Position wo Du gerade warst.
Und jetzt zum Schluss, gehst Du nochmals kurz links nach aussen und spür wie es mit dem Atmen dort war. Dann dreh Dich 90 Grad nach vorne, zurück zu der Position von wo du mit dieser Übung angefangen hast. Wie ist es jetzt? Einfach spüren für 20-25 Sekunden. Danach, wieder zurück zur Mitte.
Wie fühlt es sich an in diesem Moment in der Mitte zu sein? Wie ist es im Vergleich zum Anfang?? Spürst Du einen Unterschied? Wie fließt die Energie jetzt in Deinem Körper?
5.) Lerne zu meditieren um Deinen Kopf freizuhalten. Es gibt viele Arten zu meditieren. Wähle eine Art aus und versuch es einfach.
6.) Probiere eine Form von Yoga (z.B. Kundalini, Raja, usw...). Wie bei Meditation, gibt es auch viele Formen von Yoga. Man muss es ausprobieren und schauen was für sich paßt.
7.) Geh in die Natur! Ob im Wald, am Strand, oder in den Bergen, die Verbindung mit der Natur tut der Seele gut.
8.) Biofeedback und Autogenes Training sind eine gute Möglichkeit Dich mit Deinem Körper zu verbinden und auch von der Angst runterzukommen.
Was kann ich sonst noch tun, um mich von der Angst zu befreien?
Abhängig von den Angstumständen und wie man sie erlebt und wenn man das von allein nicht in Griff kriegen kann, ist es empfehlenswert, einen Therapeut mit einzubeziehen.
Wenn Du eine Therapie auswählst, die von der staat. Krankenkasse übernommen wird, mußt Du einen Psychologen oder Psychiater aussuchen. Dabei stehen nur 3 Modalitäten zur Verfügung: Psychoanalyse, Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, oder Verhaltenstherapie.
Verhaltenstherapie ist die weit-verbreiteste form von Therapie die für Phobische Störungen eingesetzt wird. Oft wird eine Expositionstechnik angewendet, womit man langsam immer mehr und mehr Kontakt mit dem Objekt der Angst kommt, bis der Klient keine Angst mehr bezüglich dem Objekt hat.
Verhaltenstherapie verändert nur das Verhalten. Aber, das was unter der Angst schwebt, adressiert diese Form von Therapie nicht ! Dadurch kann eine andere Form von Phobie sich später entpuppen. Deshalb, empfehle ich eine Form von tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie, die Körper-orientierte Psychotherapie heißt.
Was ist Körper-orientierte Psychotherapie?
Ich übe Körper-orientierte Psychotherapie in meiner Praxis aus. Um diese Art der Psychotherapie zu verstehen, muß man die Grundprinzipien dieser Schule kennen. Und das heißt: alles was wir in unserem Leben erleben und spüren und fühlen, wird irgendwo in unseren Körper aufgespeichert- und zwar nicht nur seit der Geburt sondern auch als Fötus im Mutterleib. Die ersten 5 bis 6 Jahre unseres Lebens entwickeln unsere Persöhnlichkeit. Nach 5 bis 6 Jahren, steht die Persöhnlichkeitstruktur dann fest . Wenn irgend ein Trauma während der ersten 5 bis 6 Lebensjahre passiert, beeinträchtigt dieses Trauma nicht nur die Persöhnlichkeitstruktur sondern auch die Körperstruktur eines Menschen. Einen Form von Skoliosis kann man als Beispieel nennen.
Aus diesem Grund, verbinde ich jeden Aspekt der Angst mit dem Körper. Deshalb finde ich das Verhaltenstherapie unzureichend ist, weil sie nie an die Wurzeln der Angst hinkommt.
Wie kann Körper-orientierte Psychotherapie mir behilflich sein , in Bezug auf meine Angst !!
Von großer Wichtigkeit, egal welche Art von Phobie Du hast, ist das was unter der Angst schwebt. Wenn man nur das Verhalten ändert, könnt es gut sein, daß in der Zukunft eine andere Phobie auftritt.
Angst kann wohl im Körper gespürt werden und er ist dadurch ein wundervolles Mittel um die Angst oder Phobie besser zu verstehen und auch zu besiegen.
Nicht nur wo die Angst im Körper zu spüren ist, sondern auch wann die Angst überhaupt aufgetreten ist, sind äußerst wichtige Infomationen. Oft, so bald die Angst im Körper lokalisiert ist, wird die dazu gehörende Erinnerung aufgeweckt. Was ist genau geschehen, kurz bevor die Angst zu spüren war? Vielleicht ist die Angst aus einem traumatischen Ereignis entwickelt worden.
Auch die Objekt oder situations bedingten Phobien sind im Körper spürbar und man kann die damit verbundenen Geschichten auch enthüllen.
Um einen Mensch mehr mit seinem Körper verbinden zu können, führe ich eine Mischung von bioenergetischen Übungen (nach Alexander Lowen) und Atem-übungen (nach Ilse Middendorf) mit dem Klient aus. Diese Übungen ermöglichen dem Mensch eine neue Wahrnehmung vom Körper und einen Zugang zur Bodenständigkeit.
In diesen beiden Disziplinen steht das Atmen im Mittepunkt, was auch wichtig ist im Bezug auf Menschen, die unter Ängsten, Phobien, oder eine Form von Angststörung leiden. Denk darüber nach. Was passiert bei Dir wenn Du beängstigt bist oder erschrocken bist? Was passiert mit Deinem Atmen?? Hälst Du ihn an? Oder wird er beschleunigt und kürzer??
In Verbindung mit diesen Modalitäten, bringe ich dem Mensch auch verschiedene Meditativ- und Entspannungstechniken bei. Eine davon ist die bekannte Jakobian Entspannungstechnik. Hierbei wird der Mensch aufgefordert diverse Muskel Gruppen im Körper anzuspannen und zu entspannen. Am Ende, ist der Mensch beruhigt und der Kopf ist frei von dem Gedankenrad.
Nun, kommt die Vorstellungskraft auch ins Spiel. Diese Imaginationstherapie ermöglicht einen weiteren Zugang zum Unterbewußtsein. Durch die Imaginationstür, kann man die Angst näher anschauen. Ich bringe den Mensch in einen imaginären Raum, den er selber gestalten kann. Den Raum sieht er mit seinem inneren Auge. Hier kann er nicht nur die Angst sehen sondern auch mit der Angst sprechen, wenn er will. Er muss aber das Gefühl haben daß er die Kontrolle über diesen Raum hat. Nichts kann in dem Raum geschehen, ohne seine Erlaubnis.
Die Angst zu verstehen und der Angst einen Platz zu geben, ermöglicht einem Mensch mehr Kontrolle über die Angst zu haben. Er kann hiermit auch sehen wie die Angst sich entwickelt hat und was für Umstände es damals waren und wieso sie in sein Leben eingetreten ist. Diese Arbeit ermöglicht auch den Mensch oder den Therapeut (als Begleiter) mit dem Körper direkt zu sprechen. Wenn die Angst mit einem traumatischen Ereignis verbunden ist, hat der Mensch durch dieses Gespräch mit dem Körper, eine Chance den Körper so reagieren zu lassen, wie er in der Zeit bei dem traumatischen Geschehnis es gewollt hätte aber nicht getan hat. Dadurch wird der Mensch von dem Trauma und der Angst befreit.
Der Mensch kann auch Allierte in diesem Raum aufrufen um sie für sich im Bezug und gegen die Angst eintreten zu lassen. Zum Beispiel, kann er die Angst in einer Kiste einsperren und Wächter vor die Kiste stellen. Es gibt unzählige Möglichkeiten wie man mit der Imagination arbeiten kann um die Ängste einzugrenzen und sich sogar von Ihnen befreien zu können. Der Mensch kann in diesen Raum die Angst sogar wegschicken, wenn er will. Und wenn er das entschieden hat, hat er die Möglickkeit irgendwas Neues an diesem Platz in seinem Körper, aufzufüllen, wo die Angst mal gewesen war. Er kann zum Beispiel, Freude am Leben oder Licht oder Friede wählen. Hier ist der Klient voll ermächtigt. Er entscheidet was er mit der Angst tun will und womit er die Angst ersetzen will!
Es gibt aber auch Menschen die nicht so gut mit der Imagination arbeiten können. Hier nutze ich eher einen Form von Gestalttherapie. Ich arbeite mit dem Klient um seine unterschiedlichen Sub-persöhnlichkeiten zu identifizieren. Die Persöhnlichkeit eines Menschen ist sehr vielfältig !
Zum Beispiel, hat man eine Facette der Persöhnlichkeit, bei der man sich als Richter betrachten kann, wegen seine Urteilsfreudigkeit. Dazu, kommt vielleicht auch die professionelle Facette und auch die Facette des Sportlers. Und dann lernt man auch sein Inneres Kind kennen. Das sind alles Aspekte von einer gesamten Persöhnlichkeit aber dienen als Sub-Persöhnlichkeiten.
Wenn die Sub-Persöhnlichkeiten ausgewählt sind, die von Interesse für den Klient sind, stelle ich Stühle auf, wo jeder Aspekt seinen Platz nehmen kann und sich miteinander unterhalten können. Der Klient wird gebeten sich auf einem der Stühle zu sitzen und einen von den Sub-Persöhnlichkeiten sprechen zu lassen. Durch dieses Gespräch kann man rauskriegen, wer die Angst trägt. Daraus lernt der Mensch daß er nicht allein der Angst ausgeliefert ist. Nur ein Teil von ihm ist beängstigt. Die anderen Sub-Persöhnlichkeiten können ihn unterstützen, wenn die Angst eintritt. Der beängstigte Anteil kann seine Wünsche äußern, die er in dem beängstigten Moment braucht. Der Klient kann bei diese Arbeit alle seine Facetten umarmen und einbeziehen. Das ist das Schöne an dieser Arbeit! Man wird nicht nur von der Angst befreit, man erkennt sich besser und wird dadurch befähigter!
Dieser ganze Blick auf die unterschiedlichen Teile der Persöhnlichkeit kann man natürlich auch in dem imaginären Raum, der zuvor beschrieben wurde, anschauen und bearbeiten.
Ein alter Spruch heißt, „Es gibt viele Wege nach Rom“. Und so ist es. Es gibt auch viele Möglichkeiten, den Mensch von seinen Ängsten zu befreien. Hier habe ich meine Art von Therapie geschildert.
Meiner Meinung nach, ist der Sinn diese Therapie, nicht nur den Menschen von dem zu befreien was ihn plagt sondern auch zu ermächtigen, sich selbst zu unterstützen und zu heilen.
Autor: Winfried Bruckmeier
Thema: Von Ängsten befreit werden
Webseite: http://www.praxis-bruckmeier.de