Krisen zu bewältigen, ist eine der Kardinalaufgaben in unserem Leben.
Egal ob es sich um unsere eigene Geburt, die Pubertät, der Umzug in eine andere Stadt, die Trennung von einem Partner oder jetzt um die Pandemie handelt – immer fordern Krisen uns heraus, Potenziale zu aktivieren und unser Bestes zu geben. Die Bewältigung von Krisen lässt uns über uns selbst hinaus wachsen. Durch sie werden wir mehr der- oder diejenige, die wir eigentlich sind.
Leider wird die Response von Krisen nicht in der Schule gelehrt. Wer sich einen Moment Ruhe gönnt und überlegt, wie er oder sie bisherigen Krisen gemeistert hat, entdeckt ein erstaunliches Maß an Resilienz. Resilienz meint unser Vermögen, mit Veränderungen umgehen zu können. Resilienz scheint eine hervorragende Eigenschaft von uns Menschen zu sein, denn keine höhere Lebensform hat es geschafft, sich an fast alle Lebensbedingungen auf diesem Planeten anzupassen.
In der neueren Forschung (HELLER u.a) werden sieben Faktoren genannt, die Resilienz ausmachen:
- Akzeptanz
- Optimismus: Vertrauen Sie darauf, dass es besser wird.
- Selbstwirksamkeit: Sie sind in der Lage, schwierige Situationen zu meistern.
- Verantwortung: Übernehmen Sie Verantwortung und respektieren Sie Ihre (Leistungs-)Grenzen.
- Netzwerkorientierung: Trauen Sie sich, andere um Hilfe zu bitten und Hilfe anzunehmen.
- Lösungsorientierung: Gehen Sie die Dinge an, werden Sie aktiv. Entdecken Sie die Wünsche für Ihr Leben.
- Zukunftsorientierung: Blicken Sie nach vorn, schmieden Sie Pläne.
Gehen wir diese sieben Faktoren einmal durch. Dabei werden Sie sehen, dass Sie schon über eine Menge Ressourcen verfügen und Sie werden Möglichkeiten, entdecken, Ihre Resilienz zu steigern. Resilienz ist nämlich nicht nur angeboren, sie lässt sich auch lernen!
Akzeptanz: Natürlich hatten wir uns das alles anders vorgestellt: mit Freunden ausgehen, wieder Sport und Urlaub machen... Doch während der Pandemie gilt nicht das Prinzip Wünsch-dir-was, sondern die Regel So-ist-es. Eine Situation zu verändern bzw. uns zu verändern und damit die Situation zu verändern, geht nur, in dem wir zunächst anerkennen, was ist. Je eher wir die Bedingungen einer Lage akzeptieren, desto eher können wir anfangen, die Potenziale dieser Bedingungen zu entdecken, uns darauf einzustellen und sie zu nutzen.
Optimismus: Obwohl Optimisten in der gleichen Welt leben wie Pessimisten, sind sie einfach glücklicher und erfolgreicher. Auch Optimismus ist lernbar. Beginnen Sie damit, sich behutsam umzuprogrammieren. Pessimismus ist meist auf wenigen negativen Erfahrungen, die generalisiert werden, begründet. Nehmen sie einmal eine problematisches Erlebnis und untersuchen Sie, wie viel Positives darin steckte! Vielleicht wurden Sie einmal aus einer Wohnung geklagt und haben dann eine schönere gefunden.
Gießen Sie das kleine Pflänzlein Optimismus in Ihnen, in dem Sie sich immer wieder sagen: Es ist noch immer gut gegangen. Halten Sie Ausschau nach positiven optimitischen Botschaften in Büchern oder im Netz. Bringen Sie schriftliche optimistische Botschaften – ob auf Postkarten oder noch besser selbst geschrieben – in Ihrer Lebenswelt an. Begrenzen Sie auf eine gute Art Nörgler um sich herum und auch der Stimme in Ihnen, die so gerne Katastrophen ausmalt, dürfen Sie beherzt nein oder stopp sagen. Sie werden merken, wie sich die Macht Ihrer Gewohnheit allmählich ändert. Machen Sie sich klar, Sie dürfen glücklich und optimistisch sein – auch in Krisenzeiten!
Verantwortung: Hier geht es darum, dass Sie die Möglichkeiten innerhalb Ihrer Grenzen ausschöpfen. Nehmen Sie die Krise doch auch als Challenge, herauszufinden, was alles geht. Sie werden nicht die Corona-Bedingungen verändern, aber Sie werden Ihre persönlichen Grenzen allmählich weiterstecken und gerade in dieser schwierigen Zeit einen persönlichen Wachstumsschub erleben.
Übernehmen Sie auch Verantwortung für die negativen Gefühle. Es ist völlig okay sich in dieser Situation allein, ohnmächtig und bedroht zu fühlen. Es ist menschlich, diesen Gefühlen Raum zu geben und vielleicht einmal zu weinen. Gefühle sind wie Wellen: sie laufen auf, erreichen ihren Höhepunkt und flachen wieder ab. Sollte ein Gefühl „stehen bleiben“, kommt wieder die Verantwortung ins Spiel. Vielleicht muss mithilfe eines guten Freundes, einer guten Freundin oder eines Therapeuten ein sicherer Rahemn geschaffen werden, um das Gefühl fließen zu lassen oder es handelt sich eher um eine Haltung, eine Attitude, sie unbewusst eingenommen wird. Dann ist es dran, aus diesem automatismus auszubrechen und und sich beispielsweise mit Musik und Gymnastik abzulenken.
Netzwerkorientierung: Gerade Singles erleben die Corona-Einschränkungen bisweilen brutal, weil das soziale Leben herunter gefahren wird. Hier ist es sinnvoll, sich klar zu machen, welche Kontakte man hat. Nehmen Sie ein großes Blatt Papier und schreiben Sie Ihren Namen in die Mitte. Dann schreiben Sie die wichtigen Menschen in Ihrem Leben dazu. Allmählich entsteht vor Ihren Augen das soziale Netzwerk Ihrer Beziehungen. Plötzlich fällt Ihnen eine Urlaubsbekanntschaft ein, mit der Sie sich gut verstanden haben und mit der Sie seit einem halben Jahr keinen Kontakt mehr hatten... wann wenn nicht jetzt?
Vielen anderen Menschen geht es doch genauso wie uns: Sie freuen sich, wenn Ihr Handy klingelt und ein Kontakt aufgefrischt wird. Und Sie freuen sich über ein ehrliches Wort, so unter dem Motto, ich fühle mich allein, können wir ab und zu mal telefonieren?
Noch etwas: Falls Sie sich isoliert fühlen, schreiben Sie abends auf, mit wem Sie am Tag alles Kontakt hatten – ob persönlich, mit Handy oder Email. Diese Liste kann Ihnen zeigen, dass Ihr Gefühl subjektiv ist und nicht unbedingt die Wahrheit widerspiegelt.
Lösungsorientierung: Auch wenn große Lösungen – etwa die Entwicklung eines Impfstoffes – noch ausstehen, gibt es doch Lösungen im Kleinen,die manchmal darin bestehen, den Blickwinkel zu ändern. Manchmal erscheint uns die Welt wie vernagelt; wenn wir uns dann hinsetzen und einfach nur aufschreiben, was wir lieben, was wir gerne machen, was gut an uns ist, was wir gut können und / oder was andere an uns schätzen, erleben wir meist eine spürbare Aufhellung unserer Stimmung (, die übrigens auch zu einer Gewohnheit werden kann!). Diese kleine Übung ist auch ein wundervoller Weg Kinder, Partner und Freunde besser kennenzulernen und mit ihnen Nähe zu erleben.
Dankbarkeit ist erwiesenermaßen ein Baustein von Glück und Lösung. Notieren Sie morgens, bevor Sie in Ihren Tag starten, zwei, drei Dinge oder Wesen, für die Sie dankbar sind. Nehmen Sie sich ein paar Augenblicke Zeit, dieses Gefühl der Verbundenheit aufsteigen zu lassen. Falls Ihre Augen feucht werden, kein Problem, im Gegenteil!
Auch am Abend vor dem Schlafengehen sollten Sie ein paar Minuten reservieren, um Ihr inneres Glücksalbum weiter aufzufüllen. Sammeln Sie am besten in einem Tagebuch ein paar wundervolle Erlebnisse des Tages. Lohnerhöhungen und Gratifikationen sind selten. Also konzentrieren Sie sich auf die Glücksmomente des Alltags: das Lächeln eines Kindes, ein glühender Morgen- oder Abendhimmel, das freundliche Wort mit dem Nachbarn oder der Kassiererin im Supermarkt, all das ist wirklich und für die kleinen Schätze des Lebens sensibel zu werden, wirkt.
Zukunftsorientierung: Schaut man die Nachrichten, erscheint die Zukunft düster. Leider ist unser Gehirn so gebaut, dass es auf Bedrohungen empfindlich reagiert. Es schüttet dann Hormone aus, die uns in die Lage versetzen, zu kämpfen, zu flüchten oder uns tot zu stellen. Entweder fühlen wir uns dann angespannt oder erledigt. Mit Willenskraft kommt man da schlecht raus. Besser ist folgendes Experiment: Studieren Sie bewusst im Internet oder auf sozialen Medien Good News. Sie werden überwältigt sein von der Fülle guter Nachrichten und vielleicht auch von dem Gefühl der Entspannung, wenn Ihr Gehirn wahrnimmt, dass alles okay ist.
Wollen Sie Ihr Gehirn stimulieren, Glückshormone auszuschütten, malen Sie Ihre Zukunft in bunten Farben aus. Was sind Dinge, die Sie tun werden, wenn es wieder möglich ist? Kino, Konzerte, Feste und Partys feiern, Reisen – machen Sie konkrete Pläne, aber erlauben Sie sich auch zu spinnen und obwohl Sie wissen, dass Sie nicht zum Mars fliegen werden, können Sie bebachten, was Zukunftsorientierung mit Ihrem System macht. Vielleicht entdecken Sie auf diesem Weg mehr und mehr, wie Sie leben möchten.
Autor: Peter Klapprot, Heilpraktiker (Psychotherapie)
Thema: Die Corona-Challenge Wie Sie an der Krise wachsen
Webseite: https://www.psychotherapie-ruhr.de
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