Spiritualität ist in den letzten Jahren ein vielfach genutzter Begriff.
Für immer mehr Menschen ist Spiritualität der Weg zu einem glücklichen Leben für viele andere ein esoterischer Quatsch, von dem sie nichts halten. Wenn Sie sich als Leser entschieden haben, diesen Artikel zu lesen, dann wird Sie wahrscheinlich das Erste mehr angesprochen haben. Ein erfüllteres Leben ist ebenfalls ein Ziel, was in den letzten Jahren mehr und mehr in den Fokus gerückt ist.
Meine Großeltern, die um 1920 geboren wurden, haben sicherlich sehr wenig darüber nachgedacht, ob sie überhaupt ein erfülltes Leben haben und auch nicht, was sie dafür tun könnten, um erfüllt zu leben. Doch was meinen wir heute, wenn wir über beides, Spiritualität und Erfüllung, reden?
Was bedeutet Erfüllung?
Was Erfüllung bedeutet, ist bisher nur sehr wenig erforscht. Friedemann Schulz von Thun, der Kommunikationsprofi schlechthin, hat sich ausgiebig mit dem Thema beschäftigt. Und doch scheint es immer noch sehr individuell zu sein, was Erfüllung für jeden einzelnen bedeutet. Alle Autoren, die sich mit dem Thema beschäftigten schreiben, dass es wichtig sei, einen Sinn in seinem Leben zu erkennen. Sie schreiben von beruflicher Erfüllung und familiärer Erfüllung.
Und was ist mit all denen, die keine Familie haben? Oder die, die in der Spülküche eines Restaurants ihren Job haben und nicht Tag für Tag erkennen, wie wichtig ihre Arbeit im Gesamtkontext ist?
Setzt uns der Drang zum erfüllten Leben nicht sehr unter Druck? Und erzeugt es nicht einen gewissen Perfektionsgedanken, wenn ich dazu auch noch spirituelle Prinzipien anwenden soll? Also wenn ich mich nicht erfüllt fühle, dann habe ich halt nicht genug getan. Schwierig aus meiner Sicht. Bedeutet Erfüllung eigentlich, dass ich Tag für Tag für Tag nur rosarote Erlebnisse habe, mich nur noch toll fühle und mein Leben quasi ein ZDF-Sonntagsfilm ist, bei dem es nur zwischen 21 Uhr 20 und 21 Uhr 35 Uhr zu kurzen Irritationen kommt?
Ich möchte heute hier aus meiner Sicht, als ganz privater Mensch und natürlich mit meinem beruflichen psychotherapeutischen Blick auf das Leben sowie mit einem spirituellen Blick als Ausgebildete der Healing Hands darauf schauen, was ein erfülltes Leben ist und welche Prinzipien der spirituellen Art man einfliessen lassen kann.
Wie lebt man ein erfülltes Leben?
Aus meiner Erfahrung lebt man ein erfülltes Leben, wenn man den Mut hat sich seinen Gefühlen und zwar allen Gefühlen zu stellen und diese konsequent zu fühlen und in sein Herz zu holen. Oftmals ist es so, dass wir eine Art Maskerade entwickelt haben und kein Gefühl mehr zeigen, vielleicht noch Ärger, der aber allgemeinhin als Sekundärgefühl gilt. Viele der Gefühle, die wir gelernt haben als negativ zu bezeichnen, haben wir als Schwäche identifiziert. Denken Sie nur an das Gefühl der Verletzlichkeit. Viele Menschen verbinden es mit Schwäche. Gefühle werden demnach unterdrückt, weggedrängt und bleiben unbeachtet. Dies führt zu Krankheiten körperlicher und psychischer Art. Aus meiner Sicht steht vor jedem Burnout zumindest ein blockiertes Gefühl. Nicht gefühlte Traurigkeit kann jemanden so lähmen, dass er sich völlig antriebslos fühlt und das Gefühl hat, er könnte gar nichts mehr. Viele blockierte und unterdrückte Gefühle können Muskelverspannungen und Muskelschmerzen und beispielsweise Migräne erzeugen. Auch Magenschmerzen und Refluxerscheinungen können entstehen.
Erfüllt sein bedeutet, sich und sein Innenleben, seine Gefühle zu kennen, sie für sich sichtbar und fühlbar zu machen. Ein weiterer Punkt, sich erfüllt zu fühlen hängt aus meiner Sicht mit dem Fühlen einer Verbundenheit zu anderen Menschen zusammen.
Wenn ich meine Gefühle kenne und fühle, dann kann ich mich auch anderen Menschen mitteilen. Ehrlich mitteilen. Nicht aufmerksamkeitsheischend, wie es manche B und Z-Promis tun. Ich meine hier nicht mit irgendwelchen Lebensbeichten aufzuwarten und anderen aufzudrängen. Sondern echten Beziehungen etwas über mein Gefühlsleben mitteilen. Wohl ausgesucht, ob die Beziehungen auch so tragfähig sind, dass sie das aushalten. Und wo Geben und Nehmen im Einklang ist. Nur wer seine Gefühle fühlt kann aus meiner Sicht zu echter Kreativität, Mut, Entscheidungsfreude und Verantwortung gelangen. Dann bedeutet Erfüllung auch nicht, dass mir nichts widerfahren darf, was ich als negativ gelernt habe zu bezeichnen sondern ich bin dann voller Vertrauen, dass alles, was mir begegnet ein Geschenk für mich darstellt ohne eine Bewertung von gut oder schlecht. Mit dem Erkennen von negativen Gefühlen gibt es quasi automatisch eine Verbindung zu Sehsüchten, die ich habe. Beides im Einklang ist für mich pure Erfüllung.
Spirituallität und Erfüllung
Und was kann ich nun genau tun, um diesen Zustand zu erreichen? Und sind das dann spirituelle Prinzipien? Wikipedia übersetzt spirituell wie folgt: Spiritualität ist die Suche, die Hinwendung, die unmittelbare Anschauung oder das subjektive Erleben einer sinnlich nicht fassbaren und rational nicht erklärbaren transzendenten Wirklichkeit, die der materiellen Welt zugrunde liegt. Nach dieser Definition gäbe es gar nichts zu tun, man könnte es nur erleben oder krass gesagt sich einbilden. Und dennoch meinen wir, wenn wir von spirituellen Prinzipien sprechen, etwas anderes.
Zunächst ist aus meiner Sicht Achtsamkeit wichtig. Achtsamkeit bedeutet, ich bin bei mir. Ich bin nicht mit meiner Aussenwelt beschäftigt, sondern bin ganz bei mir. Wir denken am Tag etwa 80.000 bis 100.000 Gedanken. Wenn es wenig optimal läuft, dann zu 80% immer das Gleiche. Wir lassen uns vom Außen in den meisten Fällen total anziehen. Ich wage sogar zu behaupten, dass wir glauben, dass uns die Wahrheit unseres Lebens nicht erreicht, je mehr wir uns beschäftigen. Wir rennen, hetzen uns, arbeiten wie verrückt oder wir erliegen Ablenkungen, die wir gar nicht mehr wahrnehmen. Wir surfen im Internet, essen, trinken Alkohol, nehmen Medikamente oder Ähnliches. Achtsam sein bedeutet still zu werden. In sich hinein zu horchen. Atmen, still werden und in uns hinein spüren, welche Körperempfindungen und Gefühle wir überhaupt in uns wahrnehmen. Das ist gar nicht so einfach, weil wir es einfach nicht mehr üben und vielfach haben wir es auch nie gelernt.
Der nächste wichtige Punkt ist Verletzlichkeit. Ich sehe quasi vor meinem inneren Auge Ihr Gesicht. VERLETZLICHKEIT? Ja, genau. Verletzlichkeit ist das, was wir am meisten vermeiden. Verletzlichkeit halten wir oftmals für eine Schwäche. Heute wird eher Selbstoptimierung und vor allem Perfektionismus für wichtig gehalten. Wir glauben, dass wir nicht nur gut sein müssen, sondern sehr gut. Gut aussehen, uns perfekt ernähren, bewegen, immer das Richtige sagen und tun. An der richtigen Stelle schweigen, zur richtigen Zeit sprechen. Nicht mehr verletzlich sein bedeutet inneren Rückzug. Sich von anderen zurückziehen, eine Mauer aufbauen. Keine Gefühle mehr zulassen. Verletzlich sein bedeutet zu erkennen, dass wir Gefühle haben und es bedeutet jeder Zeit damit rechnen zu müssen, dass sich ein Zustand ändert. Wer richtig liebt muss damit rechnen, dass der Partner geht. Das macht verletzlich. Wenn ich mich nicht richtig auf die Liebe einlasse, sondern blocke, bin ich weniger verletzlich, aber wahrscheinlich auch nicht erfüllt.
Ein nächstes wichtiges Prinzip wäre Schamresilienz. Nach meinen Beobachtungen resultieren viele psychische Schwierigkeiten und damit auch folgerichtig körperliche Schwierigkeiten aus der Tatsache, dass wir gelernt haben uns ständig zu schämen. Das fängt schon sehr früh an, die Kirchen haben uns gelehrt, dass wir uns für unseren Körper und seine Funktionen schämen sollen. Auch in unserer Erziehung lernen wir häufig, dass wir uns schämen müssen. Wenn es uns bewusst wird, wann dieses Gefühl auftaucht, dann können wir es bearbeiten. Wir dürfen an dieser Stelle wieder lernen, dass wir Menschen sind mit Gefühlen und Prägungen und keine künstlichen Intelligenzen, die das beste Wissen miteinander kombinieren und ein Verhalten ausspucken. Scham ist aus meiner Sicht ein sehr klebriges Gefühl. Es haftet uns an und steuert uns. Eben gegen Erfüllung.
Sehr wichtig finde ich, um Erfüllung wirklich erleben zu können, die Fähigkeit wieder zu trainieren echte Freude zu empfinden. Oftmals wird heute ein Medikament verordnet, wenn jemand beklagt, keine Freude mehr empfinden zu können. Natürlich gibt es Momente, dass möchte ich hier gar nicht in Frage stellen, in denen es wichtig ist, jemand eine zeitlang medikamentös zu unterstützen. In der Vielzahl der Fälle stelle ich aber fest, dass Menschen immer mehr Angst haben, echte Freude zu empfinden, weil sie Angst haben, dass „der nächste Klops schon naht“. Sobald man Freude empfindet taucht dann sogleich der Gedanke auf, dass im nächsten Moment auch etwas Schreckliches passieren könnte. Gerade freuen wir uns über ein gemeinsames Erlebnis mit unserem geliebten Partner und im nächsten Moment überlegen wir, ob er nicht doch irgendwie komisch war und befürchten die Trennung. Echte Freude empfinden bedeutet den Moment zu feiern und ihn stehen zu lassen wie er ist. Weder in die Zukunft zu verlegen, noch an der Vergangenheit zu messen.
Abschließend möchte ich aber auch noch kurz darauf eingehen, was spirituelle Prinzipien aus meiner Sicht nicht bedeuten:
Wir müssen nicht stundenlang im Schneidersitz qualvoll auf eine Kerzenflamme starren, in der Hoffnung dass wir irgendwie erleuchtet werden.
Macht es Ihnen Spaß in die Stille zu gehen in Form einer Meditation, dann nur zu. Wenn nicht, finden Sie einfach eine andere Form der Entspannung und der Achtsamkeit.
Nur noch positiv denken. Das funktioniert nicht. Wir sind Wesen mit Gefühlen. Ganz ehrlich, wenn Sie gerade eine Magen-Darm-Grippe haben und erbrechen müssen ist man meistens weit entfernt zu denken: Was ein wunderbares Geschenk. Nein, Sie dürfen fluchen und schimpfen und sich all Ihrer Gefühle bewusst werden. Wenn wir diese Gefühle bewusst fühlen, wird es uns ohnehin besser gehen. Zwanghaft alles positiv zu sehen ist genauso schädlich, wie anders herum. Zugang zu unseren wahren Gefühlen ist der Schlüssel.
Eins ist mir an dieser Stelle wichtig: Das hier Beschriebene ist keine leichte Kost, wir alle träumen vom erfüllten Leben und stellen dann doch oftmals fest, dass unser Leben nicht eben erfüllt ist. Wir tun uns schwer, uns auf die möglichen Prinzipien einzulassen. Oftmals finden wir gar nichts in uns. Das ist nicht ungewöhnlich. Für uns selbst sind wir häufig eher blind und wir sind verstrickt mit den erlernten Strategien. Suchen Sie sich eine liebevolle Begleitung, mit der Sie mitfühlend und tolerant auf sich schauen können. Erfüllung ist nichts, was wir erzwingen können oder uns verordnen können. Es wächst in uns, es ist ein Prozess. Ein Prozess, der oftmals in Wellen verläuft. Wie jede Heilung.
Autor: Stefanie Simon, Heilpraktikerin für Psychotherapie
Thema: Wie man spirituelle Prinzipien im Alltag anwendet und ein erfüllteres Leben führt
Webseite: https://www.stefanie-simon.info
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