Wie viele rhetorische Stilmittel gibt es?

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Geht es wirklich um die Frage der Anzahl?

Viele! Sehr viele Stilmittel (Figuren) sind in der Welt der Sprachwissenschaft bekannt. Fast alle stammen aus der antiken Rhetorik und Poetik und tragen demnach griechische oder lateinische Bezeichnungen.

Was ist unter „Rhetorik“ zu verstehen?

Rhetorik ist die Kunst zu reden oder die Redekunst - aber auch die Lehre davon – als Teil der Kommunikation. Sehr bekannt ist Aristoteles (384 – 322 v. Chr.). Er war Universalgelehrter und einer der bekanntesten und einflussreichsten Philosophen und Naturforscher der Geschichte. Eines der wichtigsten Überzeugungsmittel Aristoteles waren u. a. die Zuhörer:

„Mittels der Zuhörer überzeugt man, wenn sie durch die Rede zu Emotionen verlockt werden

Demnach ist Rhetorik als „Werkzeug“ der Überzeugung oder Überredung, Hervorhebung, Verdeutlichung und Veranschaulichung zu verstehen. Diese Werkzeuge haben eines gemeinsam: sie machen unsere Sprache lebendig.

So verwundert es nicht, dass rhetorische Elemente alltäglich und oft unbewusst genutzt werden: in fast jedem Gespräch, manchmal in Schriftstücken, in Reden. Rhetorik erzielt eine Wirkung auf das Gegenüber. Besonders oft finden wir sehr bewusst eingesetzte rhetorische Stilmittel in der Werbung.

Wie wird Rhetorik eingesetzt?

Klassische Rhetorik erklärt sich nach Aristoteles in den drei Säulen Ethos- Logos- Phatos. Logos stellt die Folgerichtigkeit und Beweisführung (Argumentation) dar, Ethos beschäftigt sich mit Autorität und Glaubwürdigkeit (Integrität) des Sprechenden und Pathos beschreibt die rednerische Gewalt und den emotionalen Appell. Die klassische Rhetorik wird in Gerichtsrede, politische Rede und Festrede unterschieden.

Wie nutzen wir unsere rhetorischen Möglichkeiten im Alltag?

Die Nutzung rhetorische Mittel erweitert die Möglichkeiten der Kommunikation – denn: Reden ist mehr als nur Worte aneinander zu reihen…

menschen unterhalten sich gluecklich

Wenn wir an Werbung denken, dann stellen wir fest, sie kann Gefühle in uns auslösen. Nach Paul Ekman, US-amerikanischer Anthropologe und Psychologe, werden sieben Basisemotionen identifiziert, die kulturübergreifend auftreten: Freude, Angst, Überraschung, Wut, Ekel, Trauer und Verachtung. Diese Emotionen haben erkennbare Merkmale in der Mimik der Menschen. Aus diesen Emotionen leiten sich weitere Gefühle und evtl. nachfolgende Verhaltensweisen ab.

Und das ist das Spiel, dass in der Rhetorik gespielt wird: Ich rufe etwas in Ihnen hervor, dass Sie zunächst vielleicht nicht benennen können, es aber irgendetwas in Ihnen auslöst. Ein Gefühl. Wie in einer Werbung. Da läuft Ihnen das Wasser im Mund zusammen und der Magen fängt an zu knurren wenn… Dieser Artikel beworben wird…

Wie Sie bereits erfahren haben, rufen rhetorische Stilmittel etwas in uns hervor:

Wir arbeiten mit ihnen, um dem Gesagten größeren Nachdruck zu verleihen oder zur besseren Verdeutlichung der Aussage beizutragen (Akkumulation) oder über bildliche Ausdrucksweise und Metaphern oder kurze Geschichten eine plastische Darstellung zu erreichen (Allegorie, Metapher), oder bildlich mit verwandten Worten, z.B. „Karre“ statt „Auto“ (Synonym) eingängige Formulierungen zu schaffen (Metonymie).

Bilder erhöhen die Anschaulichkeit. So finden fast alle Menschen dieser Welt die Informationen über eine Stadt durch das „ i “: Das Symbol für Information.

Nicht nur „niedliche“ Autos werden durch witzige Aufkleber z.B. mit Hilfe von Augenbrauen über den Scheinwerfern „personifiziert“, auch „Mutter Erde“ und „Vater Staat“ wird durch diese Technik vermenschlicht und funktioniert ebenso bildhaft wie die eben erwähnte Metapher.

Mit neuen Wortschöpfungen (Neologismen) werten wir etwas auf oder ab – da fällt mir ein, dass ich bis heute nicht so richtig weiß, was ein Skonk ist - Pippi Langstrumpf hat es erwähnt…

Begriffe zur leichteren Veranschaulichung zu umschreiben (Periphrase) z:B. „Eine der Mütter des Grundgesetzes hieß Elisabeth Selbert“ lässt wieder auch Bilder im Gedanken zu.

Wir verschlüsseln Botschaften oder verkürzen Informationen (Allusion), um eine mögliche Wirkung zu steigern (Anapher), oder Sie werten Ihre eigene Position auf, in dem Sie Gegenüberstellungen verbalisieren (Antithetik).

Durch direkte Zuwendung steigern Sie die Eindringlichkeit Ihres Anliegens (Apostrophe), mit der Nutzung alter Wörter und Hinweise auf Traditionen (Archaisierung), wenn auch im Scherz (Ironie – dem Gegensätzlichen von wörtlicher und wirklicher Bedeutung), können die beteiligten Gesprächspartnerschaften direkt „bei Laune“ gehalten werden.

Mit Bewertungen, sowohl negativer als auch positiver Art, schaffen Sie eine intensivere Verdeutlichung, wenn Sie einfach Sätze oder Worte ohne Konjunktion und Bindewörtern aneinanderreihen (Asyndeton), z.B. „Das Essen ist eklig, widerlich, überflüssig“

Manche Aussagen dienen der Hervorhebung oder Steigerung der Merkfähigkeit (Chiasmus) während wieder Andere einen Ausdruck von Eile darlegen (Ellipse) z.B. durch Auslassen von Satzeilen, während andere besondere Inhalte hervorheben (Enjambement), indem sie Sätze fortführen.

Durch das Wiederholen eines Wortes oder einer Wortgruppe (Epipher) wird die Wertigkeit eines Satzes gesteigert (Wie viele rhetorische Stielmittel gibt es? - Viele, sehr viele!) Durch die Zusammenstellung der Begrifflichkeiten z.B. grüner Frosch oder schwarzer Rappe kann die Eindringlichkeit erhöht (Pleonasmus) oder als Paradoxon erlebt werden.

Durch Widersprüchlichkeiten oder gegensätzliche Begriffsverwendung (Oxymoron: z.B. trockenes Wasser) geben wir Denkanstöße (wie auch mit Paradoxien). Mit einem Einschub „wie bereits erwähnt“ z.B. verdeutlichen wir eine bereits getätigte Aussage (Parenthese). Eine ebensolche Verstärkung der eigenen Aussage sind parallel aufgebaute Satzteile (Parallelismus): „Mensch isst, Tier frisst“

Die Definition (Oxford Languages) beschreibt den Euphemísmus als beschönigende, verhüllende, mildernde Umschreibung für ein anstößiges oder unangenehmes Wort z.B. "»geistige Umnachtung« ist ein Euphemismus für »Wahnsinn«" (Direkt übernommen aus dem „Wörterbuch“ im Internet). Damit beschwichtigen wir oder „malen schön“ um niemandem auf den Fuß zu treten.

Apropos malen: Es gibt Menschen, die „malen“ ihre Texte wunderschön „blumig“. Das ist toll für einen Roman und manchmal auch für das geschäftliche Gespräch oder einen Vortrag – Achtung: Es gibt Gesprächspartner und -partnerinnen, die mögen lieber kurze, knackige und prägnante Gespräche – und die verlieren Sie, wenn Sie allzu blumig reden…

Wenn etwas verdeutlicht werden soll, wird oft die Benennung zweier gleichbedeutender Worte genutzt, z.B. „Ich habe mich an dem Essen dick und fett gefuttert“ (Hendiadyoin).

Manchmal über- oder untertreiben wir stark in unseren Äußerungen, um etwas auf-oder abzuwerten (Hyperbel) oder Verstärken durch Aufzählung und werten so die Aussage auf (Klimax): „Daran verdiene ich so 1000,1200€“. Und wenn ich dann die Antwort erhalte: “Ganz gut, die Bezahlung“ wirkt das als Herausstellung des wichtigen Teils im gesagten Satz (Inversion).

Aus der Kommunikation kennen Sie sicherlich bereits den Begriff der geschlossenen und offenen Fragen. Die geschlossenen können nur mit „ja“ oder „nein“ beantwortet werden. – ähnlich auch die rhetorische Frage – eines der bekanntesten Stilmittel der Rhetorik. Eigentlich steht die Antwort auf die „nicht-Frage“ schon fest. Sie bewirkt nur, dass Gesprächspartner sich einbezogen fühlen – eine echte Antwort wird nicht erwartet.

Und ganz fies ist möglicher Weise die Technik des „Sarkasmus“. Durch unterschwelligem Spott oder beißendem (auch „schwarzem“) Humor können echte psychische Verletzungen hervorgerufen werden.

Mit allen diesen Techniken, die wir z.T. gar nicht bewusst einsetzen, versuchen wir, Abstraktes anschaulicher zu machen.

Es ist rhetorische Gewohnheit, sich die Rede des Gegners so zurechtzulegen, wie man sie besser verwerten kann“ (Otto v. Bismarck 1815-1898 Gründer des deutschen Reichs, 1871-90 dessen erster Kanzler)

Wir sind damit aufgewachsen, haben Äußerungen in unseren Sprachgebrauch integriert, dazu gelernt, damit Erfahrungen gemacht, sie verfeinert oder auch aus unserem Sprachgebrauch wieder verbannt…

Wir können durch geschickt eingesetzt Stilmittel gemeinsam lachen Aufmerksamkeit erzielen und Interesse binden. Genutzte Stilmittel können Bilder im Kopf entstehen lassen.

Sie machen Vorträge und Gespräche lebendig, halten uns in Atem wenn wir sie in Romanen lesen, verführen uns zu Macht oder lassen Minderwertigkeit entstehen und geben Impulse.

Gut genutzte Rhetorik lässt uns souverän wirken. – Wir können uns damit besser vermarkten…

Sie erwecken Emotionen, lassen uns auf Kampf oder Flucht vorbereiten, motivieren, manipulieren und schaffen Realitäten,

Wie sollten wir im Alltag mit Rhetorischen Stilmitteln umgehen?

Es sollte unser Ziel sein, Sprache so angemessen zu verwenden, dass sie nicht verletzt.

  • Betrachten Sie eine Situation, bewerten Sie sie nicht.

  • Manchmal ist es schlauer, etwas nicht zu sagen: Stellen Sie sich ein Strategiespiel vor, z. B Schach: Sie überlegen im Spiel, was Ihr Gegner macht, wenn Sie diesen Spielzug vollziehen, wie Sie dann reagieren und was sie in Ihm hervorrufen – nichts Anderes ist Kommunikation und Rhetorik: Ursache und Wirkung!

  • Treffen Sie Aussagen – vermeiden Sie „heiße Luft“: Wir kennen die Vielredenden oder Endlosschreiben, die Fragen nicht beantworten, sondern um den „heißen Brei“ senden, ohne Inhalt. – Sie können es besser. „In der Kürze liegt die Würze“ bedeutet: Kurz – knackig – prägnant.

  • Sprache schafft Realität – nehmen Sie die Menschen, die Sie erreichen wollen, alle mit, unabhängig, von Geschlecht, Alter, Herkunft…Schließen Sie niemanden aus.

    Sprache, mit der Sie alle Menschen erreichen ist auch hörenswerter für alle Menschen – auch wenn Viele über Gender lästern: googlen Sie es mal…

  • Thematische Übereistimmung schaffen und einhalten – vermeiden sie abzudriften, halten Sie sich an den „roten Faden“ (Struktur) und erinnern sich und die Gesprächspartner*in daran, fokussiert zu bleiben. Transparenz schafft Sicherheit.

  • Und sprechen Sie „böse Spiele“ an. Wenn Ihr Gesprächsgegenüber in dem, was er tut übertreibt, zu blumig wird oder Sie irgendetwas als Störung empfinden, benennen Sie es – Sie lernen Beide!

Selbstverständlich spielt Ihre Persönlichkeit eine große Rolle. Authentizität, Selbstdarstellung und Charisma beeinflussen die Kommunikation in der Gesamtheit.

Kommunikation und die damit verbundene Rhetorik ist auch dem Generationswechsel unterworfen: Was Oma noch „Knorke“ fand, war bei meinen Eltern „prima“, später „super“ und nun ist es „geil“, was sich auch in der Ausdrucksweise in Reden/ Vorträgen etc. spiegelt (Nicht, dass ich in einem Vortrag schon einmal das Wort „geil“ gehört hätte…)

Auch der Umgang mit dem eigenen, sich selbst zugewandtem Gespräch/ Gedanken fällt der eigenen Rhetorik zum Opfer oder bestärkt. Denn: Was Sie in Ihren Gedanken so Alles mit sich herumtragen beeinflusst auch Ihr Äußeres. Ergo: Aufpassen beim Wünschen und selbstsuggerieren. Verhaltensweisen, Denkmuster können wir selber beeinflussen – aber das ist noch einmal ein ganz anderes Thema.

Wichtig: „Sprich stolz zu stolzen Gästen, mit Bescheidenen bescheiden aber wahr und Klar zu beiden“ Bleiben Sie angemessen: Jede*r soll verstehen können. Verschachtelte Aussagen mit Fremdwörtern bringen uns nicht weiter, wenn das Gesprächsgegenüber ein großes Fragezeichen im Gesicht zeigt…

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine bunte, vielfältige und klare Kommunikation mit vielfältiger Nutzung der Stilmittel.

Autor: Simone Reese - Psychotherapeutische HP, Coach und Mediatorin
Thema: Wie viele rhetorische Stilmittel gibt es?
Webseite: https://www.seelen-taumel.de

Quellen:

Internet, „Lehrbuch der Rhetorik“ v. E. Prescott und viele Erfahrungen

PS: In diesem Text finden Sie etliche Formen der Rhetorik…Wie Bilder in einem Wimmelbuch….

#Kommunikation, #Verhaltensmuster, #Körpersprache, #Gesellschaftssystem

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