Beruflich neu durchstarten mit Mitte 50

„Da geht noch was!“ – „Da ist noch Luft nach oben!“. Katrin hat das Steuer wieder fest in der Hand und dass nicht nur in ihrem neuen weiß lackierten Dienstwagen. Selbst ausgesucht. Selbstbestimmt gewählt. Das neue Auto und den neuen Job.

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Die Entscheidung war alles andere als einfach. Ja oder Nein? Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach? Gehen oder bleiben? Die Würfel sind gefallen. Katrin ist extrovertiert, megakreativ, unkonventionell, schlichtweg eine Powerfrau mit Mitte 50. Sie wagt mutig den Sprung aus der Sicherheit ihres alten Unternehmens in den beruflichen Neuanfang in einer renommierten Dresdner Marketingagentur. Am Freitag gibt sie den Büroschlüssel ab und am darauffolgenden Montag sitzt sie bereits am neuen stylischen Schreibtisch ihres eigenen Büros. Das hätte sie sich nach vielen Jahren Berufserfahrung und Selbstständigkeit nie träumen lassen. Der letzte Job erschien wie ein 5er im Lotto, desto schwerer fällt die Ent-Scheidung, noch einmal eine berufliche Veränderung anzugehen.

„Viel mehr als unsere Fähigkeiten sind es unsere Entscheidungen, […] die zeigen, wer wir wirklich sind.“ Joanne K. Rowling.

Liebe Katrin, gestern noch bei einem großen öffentlichen Bildungsträger im Bereich Marketing angestellt und seit März 2021 als „Head of Grafik und Design“ bei einer internationalen Werbeagentur. Wie kam das? Was genau war an der neuen beruflichen Aufgabe reizvoll?

Es muss ja eher heißen, was an EINER neuen beruflichen Aufgabe reizvoll war. Naja, der Gedanke das ich bis zur Rente mehr oder weniger immer dasselbe bzw. das gleichen mache... Meine Arbeit lebt von meiner Kreativität und wenn diese nicht mehr gefordert wird, stirbt sie. Das war mein Eindruck in den letzten 12 Monaten, bevor ich mich entschloss über einen Wechsel nachzudenken. Ich war ja finanziell sozusagen „safe“. Öffentlicher Dienst, unbefristet angestellt, Sicherheit. Kriterien die nicht unwichtig sind. Auch mir nicht!  

Was war der Auslöser mit Mitte 50 noch einmal diesen Schritt zu wagen und beruflich neu durchzustarten?

Am Ende war es genau „die Eine“ Situation welche jedes Jahr zur selben Zeit immer wieder eintraf. Egal wie sehr ich versuchte es zu ändern, es gelang mir nicht, weil es von vielen Faktoren abhing und nicht zuletzt von KollegInnen, die es sich in ihrer Komfortzone gemütlich gemacht haben. Ich mag das nicht be- oder verurteilen, aber mich hat es zunehmend unzufriedener gemacht. Und dann kam der Tag an dem ich zu mir sagte: „Du musst da weg!“  Ich sah keine Perspektiven mehr für mich, keine Möglichkeiten mich weiter zu entwickeln. Entwicklung hört ja jenseits der 50 nicht einfach so auf!

Wie ging es Dir emotional in dieser Situation?

Ich war sehr ambivalent. Klar! Einerseits der Wunsch endlich wieder „freier im Kopf zu sein“, - ja ich fühlte mich am Ende wirklich gefangen in diesen Strukturen - andererseits der Blick auf die Sicherheiten. Ein unbefristeter Arbeitsvertrag, 30 Tage Urlaub, 13 Monatsgehälter, sichere Rente... Das gegeneinander abzuwägen war nicht einfach und hat mir manche schlaflose Nacht beschert.

Was war der Auslöser diesen Schritt endgültig zu wagen? Was hat Dir dabei geholfen?

Geholfen hat mir, dass ich mir die Zeit genommen habe, die es brauchte. Es war ein langer Prozess über Monate und nicht immer gleich intensiv. Wie das so ist mit großen Entscheidungen... ich muss sie ja am Ende auch leben (Können). Als es für mich immer konkreter wurde, habe ich natürlich auch Gespräche gesucht. Meine Kinder, Freunde, Vertraute. Und auch da war es zweigeteilt. Manche meinten ich sei verrückt, so einen Job hinzuschmeißen, andere verstanden mein Dilemma und machten mir Mut.  

Mit welchen Hindernissen und Herausforderungen wurdest Du bei deinem beruflichen Wechsel konfrontiert bzw. hattest Du zu kämpfen?

Zu kämpfen...? Höchstens mit mir selbst, bis zur endgültigen Entscheidung. Die Herausforderung war, dann mit meinem Chef über meine Absicht zu sprechen. Es kam für ihn wie aus heiterem Himmel... aber da war ich wohl so klar in meiner Entscheidung, dass er dem nichts mehr entgegenzusetzen hatte. Andererseits hätte ich mir schon etwas mehr Widerstand von ihm gewünscht... dass er mich (wenigstens) versucht davon abzubringen und zu bleiben. Da war sie wieder, die mir fehlende Wertschätzung...Naja, das hat mich am Ende wiederum darin bestärkt das Richtige zu tun.

Wie fühlt sich deine neue verantwortungsvolle Position jetzt an? Was ist daran anders?

Geil! Es fühlt sich einfach gut an. Ich fühle mich im wahrsten Sinn frei. Meine Erfahrungen sind gefragt und werden angenommen, mein Kopf, meine Kreativität alles wird neu gefordert und dadurch natürlich auch gefördert. Rückblickend stand heute, eine der besten Entscheidungen die ich für mich getroffen habe. Und das fühlt sich einfach gut an.

Was hat diese berufliche Veränderung in Punkto Persönlichkeit mit Dir gemacht? Ich sage neuerdings immer über mich: „Ich bin unaufgeregt.“ Und das trifft es ziemlich genau! Ich war in den letzten Jahren sehr schnell „auf der Palme“, habe mich schnell geärgert, aufgeregt, gestritten und sicher bei dem Einen oder Anderem keinen „guten Eindruck“ hinterlassen. Diese unzufriedene Grundstimmung ist komplett weg! Ich bin sehr bei mir, gehe verdammt gern auf Arbeit und habe Freude daran was, wie und mit wem ich es tue. Das strahle ich auch aus, glaube ich. Damit wird irgendwie alles leichter, egal wie viel Arbeit es ist. Ich kann jetzt wieder sagen mein Hobby ist mein Beruf. Genau das was ich machen will mache ich. Das kann man nicht mit Geld bezahlen!

Was würdest Du auf Grund deiner Geschichte anderen kreativen Frauen im Berufsleben raten? Hast Du einen persönlichen Tipp?

Wenn man merkt das man feststeckt, sollte man versuchen die Richtung zu wechseln. Man muss Vertrauen haben, in sich und die eigenen Fähigkeiten. Das kommt „Frau“ oft abhanden, glaube ich. Man sollte sich aber auch die Zeit nehmen alles gut zu durchdenken - denn Entscheidungen muss man auch leben können - aber wenn die Richtung ausgemacht ist, sollte man einfach den Mut haben zu springen...

Katrin ist mutig gesprungen, aus beruflicher Perspektivlosigkeit, ohne Entwicklungschancen und fehlender Anerkennung, aus starren Strukturen hinein in ein Berufsleben, das ihre ganze Kreativität, Erfahrung und Selbstbewusstsein fordert und was ganz wichtig ist: Ein Job, der einfach wieder Spaß macht! Manchmal muss es doch anders werden damit es besser werden kann. Anderenfalls heißt es abbiegen und wieder selbstbestimmt eigene Wege gehen - die Kurve kriegen im Beruf und im Leben.

Autor: Jana Reichel, BerufsCoach
Thema: Beruflich neu durchstarten mit Mitte 50
Webseite: https://www.abbiegendehauptstrasse.com

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