Liebe ich eigentlich meinen Partner noch?
Die Liebe verändert sich im Laufe einer Partnerschaft. Aus einer anfänglichen Verliebtheitsphase kann eine tiefe und innige Liebe entstehen.
Partnerschaft ist allerdings nicht statisch. Es gibt viele Gründe, die dazu führen können, dass man sich innerlich vom anderen zurück zieht:
- Zum Beispiel wenn man Konflikte nicht mehr geklärt bekommt und immer mehr streitet
- Kinder bekommt und der Fokus nur noch auf ihnen liegt
- die berufliche Belastung sehr hoch ist
- persönliche Krisen
Wenn man sich innerlich vom anderen distanziert oder den anderen einfach aus dem Fokus verliert, wird auch das Gefühl von Liebe weniger, was aber nicht heißt, dass sie an sich weg ist. Häufig genug ist sie noch da, wie die Sonne hinter den Wolken. Es geht nur einfach darum die Wolken zu vertreiben.
Tägliche Streits wegen Kleinigkeiten
Ein häufiger Grund, warum man sich vom anderen emotional distanziert, sind alltägliche Streitigkeiten und die damit verbundenen Vorwürfe und Beleidigungen. Die Alltagsthemen sind allerdings nur Auslöser, eigentlich geht es um etwas anderes. Viele kennen den Streit um seine abgestellte Kaffeetasse auf der Spülmaschine.
Die Tasse auf der Spülmaschine wird dann zum Symbol von: „Siehste, schon wieder werde ich nicht unterstützt. Ich habe es ihm doch immer wieder gesagt, aber ich werde nicht gehört!“ Sie fühlt sich belastet mit den Aufgaben im Haushalt und mit den Kindern und wenig unterstützt von ihm.
Und durch das „auf die Spülmaschine stellen der Tasse, statt hinein“ sieht sie sich in ihren Überzeugungen bestätigt: Dass sie nicht gehört und ernstgenommen wird in Gesprächen und dass sie sich emotional alleine fühlt.
Wenn sie sich so fühlt, ist sie unzufrieden und unglücklich mit ihm und drückt das durch meckern und Vorwürfe aus und bei ihm entsteht die innere Überzeugung „ich kann es ihr nicht recht machen“. Wenn man sich jeweils so fühlt mit dem anderen, zieht man sich emotional immer weiter zurück. Hinzukommen gegenseitige Vorwürfe und manchmal auch Beleidigungen, so dass man sich abgelehnt fühlt und eine emotionale Unsicherheit entsteht, wann kommt die nächste Attacke. Beides führt dazu, dass die Liebe als Gefühl immer weniger zu spüren ist, weil man sich emotional vor Verletzungen und Enttäuschungen schützen will.
Wenn Paare anfangen über die tatsächlichen Probleme zu sprechen und diese klären und einen wertschätzenden Umgang entwickeln, braucht man sich nicht mehr schützen und die Liebe kann wieder frei fließen.
Wir sind wie Brüderchen und Schwesterchen
„Wir streiten uns nie und harmonieren sehr gut zusammen. Wir sind aber mehr wie beste Freunde, da die Leidenschaft schon lange nicht mehr da ist. Ist das noch Liebe oder doch mehr Freundschaft?“
Auch das ist manchmal die Aussage der Paare, die zu mir kommen. Von außen betrachtet sind sie das perfekte Paar und die Problematik ist dann erst einmal nicht so offensichtlich. Wenn man dann aber weiter fragt, hört man doch, dass die beiden enttäuschende Situationen miteinander erleben hatten, die sie allerdings nicht angesprochen und geklärt haben.
Sie haben die Decke der Harmonie darüber gezogen, weil sie Angst vor Streit haben. Dadurch haben sie die kleinen Probleme und Vorwürfe wie kleine Kieselsteine zwischen sich angehäuft und über die Zeit entsteht auch hier eine Mauer. Sie haben sich unbemerkt vom anderen, aber auch von sich selbst, immer weiter emotional entfernt, so dass auch der Wunsch nach körperlicher Nähe schwindet. Wenn man Probleme nicht anspricht, wird eine Beziehung seicht und oberflächlich.
Man fühlt sich nicht im innersten verstanden und verbunden und es ist tatsächlich mehr wie eine Freundschaft, als eine Partnerschaft. Wenn man als Paar wieder anfängt tiefgreifende Gespräche zu führen, sich persönlich austauscht und Probleme miteinander klärt, dann kann man neugierig sein, ob sich die Leidenschaft wieder einstellt.
Persönliche oder berufliche Krisen
Manchmal sind es gar nicht die Probleme zwischen den Paaren, sondern die persönlichen oder beruflichen Krisen, die eine Beziehung belasten. Für einige ist es der Tod eines Angehörigen oder eine psychische oder körperliche Erkrankung, die zum Rückzug aus der Partnerschaft und der Familie führen. Man möchte den anderen natürlich entlasten und nimmt ihm viel ab, aber irgendwann hat man sich so in der Schonhaltung eingerichtet, dass der andere kaum noch Teil des Lebens ist.
Fast jeder hat in seinem Arbeitsleben schon mal Probleme erfahren und wenn die Arbeit zum Beispiel als ständiger Kampf empfunden wird, kommt man nicht fröhlich nach Hause.
Die einen erzählen ihrem Partner davon und man möchte auch gerne für den anderen dasein und helfen. Wenn sich die Situation aber über einen längeren Zeitraum nicht verändert, resignieren beide und ziehen sich voneinander zurück. Andere sind gereizt und ungehalten mit dem Partner und den Kindern und es entsteht eine Spaltung in der Familie. Der eine Partner möchte den gestressten entlasten, aber auch die Kinder vor den Ausfällen schützen.
Es ist immer wichtig, den Partner und die Kinder im Blick zu behalten und sozialverträglich zu bleiben. Wie will ich, dass die anderen sich mit mir fühlen? Das heißt nicht immer fröhlich zu sein, sondern im Gespräch zu bleiben und nach Lösungen zu suchen und sich gegebenenfalls Hilfe zu suchen. Es bedeutet: Verantwortlich für sich zu sein, damit man auch gut zu anderen sein kann.
Autor: Kerstin Girnus, Paarcoach
Thema: Emotionale Blockade in der Partnerschaft
Webseite: https://www.kerstingirnus.de
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