[Kolumne] Wieder ein Thema, bei dem mir vermutlich alle Eltern beipflichten.
Und auch der ein oder andere Lehrer hat damit zu kämpfen: Pubertät. Morgens der Morgenmuffel, missmutig zur Schule und genervt die Aufgaben lösen, mittags im Essen rumstochern und am Nachmittag am liebsten direkt ins Bett, emotionslos Serien gucken, um dann am Abend die Frage nach dem Tag mit einem genervten Augenrollen zu beantworten. Sind das noch Teenager oder schon Monster, die ihren schwierigen Alltag zu unserem machen? Wozu noch einen guten Morgen wünschen, nach dem letzten Vokabeltest fragen oder liebevoll das Lieblingsgericht kochen? Scheinbar macht das in dieser Phase eh keinen Sinn.
Aber sehen wir es doch mal von einer ganz anderen Seite. Mal abgesehen, dass wir diese Phase fast alle selbst spürbar hinter uns gebracht haben, wie wäre die Welt, würden die Kinder diese Phase nicht durchleben, sich nicht von den Eltern lösen und neue Ideen entwickeln? Ist es nicht auf eine Art auch wichtig, die Eltern zu schocken, unverstanden neue Idole und Hobbys zu entwickeln und anderer Meinung zu sein als die vorherige Generation? Wie wäre es, wenn wir alle noch genauso wären wie unsere Eltern? Ein Land, das sich nicht weiterentwickelt, ein Land, bleibt wie es ist. Sicher, in einem Sozialstaat wie Deutschland zu leben ist das bei weitem nicht das Schlechteste. Aber sind neue Ideen nicht der Motor für die Zukunft? Was wäre gewesen, wenn die Kinder ein Abbild ihrer Eltern wären, der Traum vom Fliegen, grenzenloses Surfen im Internet und die Bekämpfung so manch tödlicher Krankheit wären wohl nie möglich gewesen.
Wir konzentrieren uns also häufig auf die schwierigen Aspekte der Pubertät, sind uns meist aber nicht klar, wie dringend wir genau diese brauchen. Nur so können sich Kinder irgendwann von ihren Eltern lösen, selbst eine Familie gründen und ihre Kinder eben ganz anders erziehen als wir es getan haben. Wie also am besten damit umgehen? Zunächst einmal ist vermutlich das Wichtigste, sich klar zu machen, dass man auch selbst die Adoleszenz sicherlich nicht zur Zufriedenheit aller Umstehenden durchlebt hat. Vielleicht also einfach mal mit einem Lächeln daran denken, das alles seine Richtigkeit hat. Und wenn es unerträglich wird, das Gespräch suchen. Den Jugendlichen erklären, dass man Verständnis für ihre Situation hat und weiß, dass die Hormone gerade Achterbahn fahren. Ohne dieses Phase würden sie nicht zu einem erwachsenen Mensch heranreifen, selbst Entscheidungen treffen zu können, ein eigenes Leben führen und all die Möglichkeiten bewerten zu können.
Wenn also beiden Seiten klar ist, dass es sich um eine schwierige aber natürliche Phase handelt, ist schon viel geschafft. Also vielleicht auch mal locker lassen und Abstand suchen, auch von einiger Entfernung aus kann man die Hand reichen, ob sie ergriffen wird oder nicht.
Autor: Anke Wachtendorf - Schülercoach, Lern- und Erziehungsberatung, Verlagsautorin
Thema: Pubertät – sonst bliebe die Welt, wie sie ist
Webseite: http://www.schuelercoaching-wachtendorf.de
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