Vom Loslassen schlechter Gewohnheiten und dem Etablieren gesunder Gewohnheiten

Von Meike Trommer

AUXELYA-Akademieleitung, Diplom Sozialpädagogin und Systemische Familientherapeutin.

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Der Mensch als Gewohnheitstier

Zähne putzen, Kaffee kochen, Haare kämmen … all dies sind Handlungen, die wir durchführen, ohne genauer darüber nachdenken zu müssen. Sie laufen nahezu automatisiert ab und werden zu einem Großteil von unserem Unterbewusstsein gesteuert. Die Rede ist von unseren alltäglichen Gewohnheiten.

Gewohnheiten sind Handlungen, die wir in ähnlichen Situationen immer wieder nahezu automatisch abrufen. Der Grund dafür ist ein dahinterliegendes Belohnungssystem, bestehend aus Auslöser, Reaktion und Belohnung. Charles Duhigg nennt dieses Belohnungssystem in seinem Buch „Die Macht der Gewohnheit“ auch die sogenannte Belohnungsschleife.

Stellen Sie sich folgende Situation vor: Sie hatten einen langen Arbeitstag und sind hungrig (Auslöser). Da Sie zu müde sind, sich etwas Gesundes zu kochen, halten Sie auf der Rückfahrt bei einem Fast Food Restaurant und holen sich einen Hamburger (Reaktion). Mit Erfolg: Sie haben Ihren Hunger ohne größere Anstrengung gestillt (Belohnung). Diese Belohnung ist für die Entstehung einer Gewohnheit eine Grundvoraussetzung. Denn nun passiert Folgendes: Wir wiederholen das, was funktioniert in Erwartung der darauffolgenden Belohnung. Im Laufe der Zeit wird meine Reaktion zur Gewohnheit, die immer wieder und automatisch abläuft. Wer beispielsweise wiederholt Pizza oder Hamburger zum Abendessen isst, verbindet dies nach und nach mit dem Feierabend. Die Fahrt nach Hause könnte dann bereits Gedanken an Pizza und Hamburger hervorrufen – und (gesündere) Alternativen ausschließen.

Unser Gehirn liebt Gewohnheiten. Sie wirken entlastend und energiesparend. Gerade in unserer schnelllebigen, sich permanent verändernden Welt wächst bei vielen Menschen das Bedürfnis nach immer wieder kehrenden Gewohnheiten und Routinen im Alltag, die ihnen das Gefühl von Vertrautheit und Sicherheit geben. Laut der Gesellschaft der Persönlichkeits- und Sozialpsychologie laufen 40 % unseres alltäglichen Handelns automatisiert ab.

Wie sehr unsere Gewohnheiten in unserem Unterbewusstsein verankert sind, zeigt ein ganz simpler Selbsttest: Falten Sie Ihre Hände wie zu einem Gebet: Die Finger ineinander verschränkt und die Daumen übereinandergelegt. Halten sie diese Position für ein paar Atemzüge. Anschließend wechseln Sie die Position Ihres Daumens, sodass der Daumen, der üblicherweise unten liegt nun oben liegt. Wie fühlt sich das für Sie an: ungewohnt? Unangenehm? Die US-Psychologin Dawna Markova hat herausgefunden, dass Menschen allein rund zwei Wochen brauchen, um sich an eine solch simple Haltung neu zu gewöhnen. Bis dahin sendet das Gehirn ständige Signale: „Alarm! Hier stimmt etwas nicht.“

Gewohnheiten bestimmen zu einem Großteil die Art und Weise, wie wir unser Leben führen. Dabei unterscheidet unser Gehirn nicht zwischen positiven und negativen Gewohnheiten. Das heißt, viele gesundheitsgefährdende Gewohnheiten stehen uns im Weg, ohne dass wir uns dessen bewusst sind.

Doch wer entscheidet darüber, ob unsere Gewohnheiten positiv oder negativ für uns sind?

Grundsätzlich lässt sich Folgendes festhalten: Stimmen unsere Gewohnheiten mit unseren Zielen überein, fühlen sich diese automatisierten Handlungen für uns sehr entlastend an. Stimmen unsere Gewohnheiten allerdings nicht mit unseren Zielen und Werten im Leben überein, rauben Sie uns Zeit und Energie und schaden zudem häufig unserer Gesundheit.

Ob unsere Gewohnheiten für uns positiv oder negativ sind, ist demnach individuell sehr unterschiedlich und richtet sich nach unseren ganz persönlichen Werten und Zielen im Leben und inwiefern diese mit unserer Alltagsgestaltung übereinstimmen.

Ein Beispiel aus der Beratungspraxis: Wenn Stress unsere negativen Gewohnheiten verstärkt

Eine meiner Klientinnen ist ein gesunder Lebensstil sehr wichtig. Sie treibt viel Sport, achtet sehr auf ihre Gesundheit und pflegt ihren Körper.

yoga am wasser see sport

Das funktioniert in der Regel auch sehr gut, solange sie nicht im Stress ist. Sobald sich ihr Stresspegel erhöht, ob durch einen verdichteten Terminkalender, durch Leistungsdruck oder durch ungeklärte Konflikte in ihrem sozialen Umfeld, tendiert sie dazu, ihre gesunde Ernährung und den Sport zu vernachlässigen. Sie holt sich lieber schnell einen Hamburger nach Feierabend oder bestellt sich eine Pizza. Den Sport lässt sie ersatzlos ausfallen. Da sie sich in letzter Zeit permanent gestresst fühlt, vernachlässigt sie seit einigen Monaten dauerhaft ihren gesunden Lebensstil. In der Beratung wird sehr schnell deutlich, dass sie durch ihren ungesunden Lebensstil bereits erste Mangelerscheinungen verspürt: Sie fühlt sich müde, antriebslos, leidet unter Rückenschmerzen aufgrund der ständigen Schreibtischarbeit und dem fehlenden Ausgleich. Zudem leidet ihr Selbstwertgefühl unter diesen Entwicklungen, da sie mit sich und der Art und Weise wie sie aktuell ihr Leben führt, unzufrieden ist.

Die Klientin entscheidet sich, in ihrem Leben etwas zu verändern. Sie nimmt den Jahreswechsel als Anlass, sich für das kommende Jahr gute Vorsätze zu setzen. Im kommenden Jahr möchte sich die Klientin gesünder ernähren, mehr Sport treiben, etwas weniger arbeiten und sich wieder mehr mit ihren Freunden treffen.

Die Risiken und Nebenwirkungen guter Vorsätze für das neue Jahr

Mit ihren Vorsätzen ist die Klientin nicht allein.

Gemäß einer YouGov-Umfrage haben rund 1/3 der Deutschen sich für das Jahr 2022 Ziele gesetzt, an denen sie im Laufe des Jahres arbeiten möchten. (Quelle: Karrierebibel.de) Zu den Dauerbrennern gehört: gesünder essen, mehr Sport treiben und mehr Zeit mit Freunden und Familien verbringen. Laut einer Studie der Universität von Scranton scheitern allerdings 92 % aller guten Vorsätze. Das ist auch der Grund, warum viele Menschen gar keine Neujahrsvorsätze mehr formulieren.

Schade eigentlich! Denn der Jahreswechsel bietet sich geradezu an, um das Vergangene zu reflektieren und mit neuem Schwung und Energie das neue Jahr zu begrüßen. Insbesondere wenn es in der Woche zwischen Weihnachten und Silvester etwas ruhiger zugeht als sonst, ist Raum und Zeit Vergangenes zu reflektieren, etwas Kraft zu tanken und mit neuem Schwung das neue Jahr zu begrüßen. 365 Tage bieten auch 365 neue Chancen und Möglichkeiten, Dinge positiv zu verändern.

Der Grund, warum fast alle guten Vorsätze innerhalb kürzester Zeit scheitern, ist recht simpel: In der Regel sind die guten Vorsätze zu groß und zu unspezifisch formuliert. Zudem formulieren viele Menschen ihre Vorsätze nur, weil es zur Tradition gehört, nicht aber weil sie aus voller Überzeugung einen Veränderungswunsch verspüren.

Wie Sie Ihre guten Vorsätze in nur 4 Schritten in die Tat umsetzen und nachhaltig in Ihren Alltag integrieren

1.) Schritt: Erkennen Sie Ihre Veränderungswünsche

Alte Gewohnheiten abzulegen und eventuell durch neue, gesündere Gewohnheiten zu ersetzen ist nur dann möglich, wenn der Wunsch etwas verändern zu wollen auch tatsächlich von ihnen selbst kommt. Nur dann verfügen Sie über die notwendige Motivation und Energie auch tatsächlich etwas zu bewirken.

Bei dem Herausfinden, was genau sie verändern wollen, hilft Ihnen der Alltagscheck. Nehmen Sie sich einen Zettel und einen Stift zur Hand und beantworten Sie folgende Fragen:

  • Welche Veränderung habe ich für mich als veränderungsbedürftig identifiziert?
  • Wann genau tritt meine unliebsame Gewohnheit auf?
  • Welches dahinterliegende Bedürfnis befriedigt diese Gewohnheit?
  • Durch welche gesündere Alternative möchte ich diese Gewohnheit ersetzen?

2.) Schritt: Formulieren Sie klare Ziele

„Nie wieder rauchen!“ „Endlich gesünder essen!“ – Solche Vorsätze kennen alle. Leider haben sie einen ironischen Rückhall: Je mehr und je lauter wir sagen, etwas „nie mehr wieder“ tun zu wollen, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass dies zum gegenteiligen Effekt führt: Wir rauchen und essen als gäb’s kein Morgen. Ein Grund: Unser Gehirn kann kein „nicht“ denken. Versuchen Sie jetzt mal bitte NICHT an einen rosa Elefanten zu denken! An was denken Sie? Genau: einen rosa Elefanten. So wirken auch negative Vorsätze: Sie verstärken die Aussage und das Bewusstsein für das, was Sie eigentlich vermeiden wollen.

Ein Tipp aus der Beratungspraxis: Formulieren Sie Ihre Ziele immer positiv. Aus „ich will nicht mehr … wird „ich will stattdessen“.

Neben der positiven Formulierung Ihrer Ziele achten Sie darauf, Ihre Ziele spezifisch und realistisch zu formulieren. Zudem sollten Ihre Ziele attraktiv für Sie selbst sein. Das heißt Sie sollten einen Mehrwert durch die Zielerreichung erfahren.

3.) Schritt: Planen Sie konkret die nächsten Schritte

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Überlegen Sie sich gut, was genau Sie benötigen, um Ihrem gewünschten Ziel einen Schritt näher zu kommen. Vielleicht haben Sie das Ziel, eine gewisse Sportart auszuüben und benötigen dafür das dazugehörige Equipment. Vielleicht möchten Sie sich gesünder ernähren und müssen vorerst Ihren Kühlschrank dementsprechend füllen.

Bereiten Sie sich gut auf ihre geplante und gewünschte Veränderung vor und setzen Sie sich einen konkreten Termin, an dem Sie starten möchten.

Darüber hinaus ist es wichtig, sich von den unliebsamen Gewohnheiten zu verabschieden, denn erst wenn Sie das Alte abgeschlossen haben, können Sie sich auf etwas Neues einlassen. Überlegen Sie sich hierfür ein passendes Ritual: Manchen Leuten hilft es, ihre alten Gewohnheiten auf einen Zettel zu schreiben und diesen zu verbrennen. Andere wiederum packen eine Kiste mit Gegenständen, die sie mit ihren unliebsamen Gewohnheiten in Verbindung bringen, wie zum Beispiel die letzte Zigarettenpackung, und verbuddeln diese im Garten.

4.) Reflektieren Sie regelmäßig

Legen Sie regelmäßige Zwischenstopps ein. Gönnen Sie sich in Ihrem Alltag eine Pause und reflektieren Sie, wie es Ihnen in diesem Augenblick geht. Dann lenken Sie ihren Fokus auf Ihr Ziel und überlegen Sie sich wie viele kleine Schritte Sie diesem Ziel bereits nähergekommen sind. Seien Sie nicht zu streng zu sich selbst und konzentrieren Sie sich auf das, was gut funktioniert. Überlegen Sie sich außerdem, wie sie diesen Teilerfolg noch weiter ausbauen können.

Sollten Sie feststellen, dass Sie doch eher wieder einen Schritt rückwärts statt vorwärts gegangen sind, dann loben sie sich für diese Ehrlichkeit und überlegen Sie, was genau der Auslöser für den Rückschritt war und wie Sie in Zukunft weitere Rückschritte vermeiden können.

Last but not least: Glauben Sie an sich selbst und bleiben sie optimistisch! Jeder Mensch verfügt über die notwendigen Fähigkeiten und die notwendige Energie, um die eigenen Ziele zu erreichen. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg dabei!

Autor: Meike Trommer, Akademieleitung und EAP-Beraterin
Thema: Das Loslassen schlechter Gewohnheiten
Webseite: https://auxelya.de

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