Überforderung Symptome

In der heutigen Welt der modernen Medizin, erscheint die Diagnostik von Symptomen sehr viel einfacher, als es früher der Fall war.

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Am Ende des Aufbrechens von Symptomen steht immer die Diagnose, die den Weg für therapeutische Maßnahmen bestimmt. Der Werkzeugkasten für die evidenzbasierte Medizin und Komplementärmedizin sind dabei eine qualifizierte Ausbildung/Weiterbildung sowie die ständig sich weiter entwickelnde Gerätemedizin. Mit diesen sichernden Rahmenbedingungen sollten Patienten/Klienten eigentlich ein hohes Vertrauen in medizinische Handlungen begründen. Trotzdem gibt es Situationen, in denen es sowohl zu falscher Diagnostik als auch falschen Behandlungen kommt.

Gemäß Statistik führten laut Gutachterkommission im Jahr 2021 beispielsweise deutschlandweit 92 Behandlungsfehler zum Tod des Patienten. Dazu eine Übersicht zu Behandlungsfehlern: 
...

Merkmal

Fallzahl

Schaden: passager schwer

189

Dauerschaden leicht/mittel

360

Schaden: passager leicht/mittel

510

Fehlerbedingte Schäden insgesamt*

1.332

Quelle: Statista

Das sind durchaus Zahlen, die beeindrucken. Betroffene und Angehörige leiden unter solchen Behandlungsfehlern schwer. Woran liegt es, dass demnach Symptome nicht richtig gedeutet werden können?

Eine bedeutende Rolle spielen sicherlich Infektionskrankheiten, die zunehmen und in der europäischen Region eher unbekannt sind. Die Ursachen von Behandlungsfehlern sind vielschichtig und zahlreich. Neben allgemein menschlichen Unzulänglichkeiten können äußere Bedingungen das Risiko von Behandlungsfehlern erhöhen.  Mögliche Faktoren:

  • Mangelnde Fehlerkultur
  • Kommunikationsprobleme zwischen Behandlern
  • Arbeitsbelastung

Ebenso kann auch eine fehlende Schlussdiagnostik (Kostengründe, Leistungsablehnungen von Krankenversicherungsträgern) verantwortlich sein.

Besondere Aufmerksamkeit erfordern die sogenannten „Seltenen Erkrankungen“. Zu diesem Begriff zählen auch die „Unerkannten Erkrankungen“.Am 28.02.2023 war der „Tag der seltenen Erkrankungen“. Erstaunlicherweise wurde in den Medien dazu relativ wenig – oder nur unvollständig - berichtet. Das ist verwunderlich, denn spezielle oder unklare Symptomgruppen erfordern – insbesondere, wenn es um diagnostische Möglichkeiten geht – eine besondere Zuwendung.

Für das Gesundheitswesen stellen unerkannte und seltene Erkrankungen eine besondere Herausforderung dar. Der Weg bis zur richtigen Diagnose und Behandlung ist häufig sehr lang. Seltene Leiden gibt es in den unterschiedlichsten Krankheitsgebieten. Es können Formen von Krebs sein, die glücklicherweise nur sehr selten auftreten, wie z. B. Akute Lymphatische Leukämie (ALL). Eine seltene Nervenkrankheit ist die Kinderdemenz und auch Infektionskrankheiten können als seltene oder unerkannte Erkrankungen gelten.

Innerhalb der Europäischen Union gilt folgende Definition für seltene Erkrankungen: Eine Krankheit ist dann als selten einzustufen, wenn nicht mehr als fünf von 10.000 Menschen daran leiden. Es sind ungefähr 8.000 solche Krankheiten bekannt und jedes Jahr werden weitere entdeckt. In Deutschland leiden ca. 3-4 Millionen Menschen an einer seltenen Erkrankung – das macht die seltene Erkrankung zu einem häufigeren Leiden, als es auf den ersten Blick scheint. Die Definition seltener Erkrankungen umfasst also kein einzelnes, abgegrenztes Krankheitsgebiet, sondern bezieht sich ausdrücklich auf die Häufigkeit der Erkrankungen.

Die meisten seltenen Erkrankungen haben genetische Ursachen. Rund 170 dieser seltenen Erkrankungen konnten bis Ende 2022 mit sogenannten als „Orphan Drugs“ (Arzneimittel für seltene Leiden) zugelassenen Medikamenten behandelt werden (Quelle: vfa. Die forschenden Pharma-Unternehmen). Und da öffnet sich der Blick auf ein großes Problemfeld: Die Motivation für die Entwicklung solcher Medikamente ist nicht hoch, weil die Pharmaindustrie wegen der geringen Fallzahl der einzelnen Krankheiten keine großen Gewinne generieren kann. Welche Hilfen kann der betroffene Patient/Klient in Anspruch nehmen ? 

In Marburg gibt es das von Herrn Prof. Dr. Jürgen Schäfer als Erstgründung geführte „Zentrum für unerkannte und seltene Erkrankungen“. Landesweit gibt es mittlerweile 37 entsprechende Zentren, die diagnostische und therapeutische Kompetenzen zu dieser Thematik bündeln.   

Zur Schwierigkeit solcher Diagnostik mag ein Beispiel aus meiner Praxis herhalten:  

In meiner Praxis hatte ich eine 28-jährige Frau wegen Panik behandelt. Die Panik besteht nach Erreichung der Therapieziele nicht mehr. Zur Zeit befindet die junge Frau sich hier in begleitender Psychotherapie. Sie leidet an folgenden Erkrankungen: 2 verschiedene Autoimmunerkrankungen; 2016 eine OP wegen eines gutartigen Hirntumors, der nicht vollständig entfernt werden konnte; 3 Operationen wegen bösartigem Hautkrebs; Unterschenkelgeschwüre; Verkalkungen der Niere; ständig wiederkehrende Nierenbeckenentzündungen. Ihr ist bewusst, dass es einen Zeitpunkt geben wird, in dem eine Nierentransplantation erforderlich ist. Aufgrund der vorliegenden Erkrankungen gibt es immer Zeiträume von depressiven Phasen. Die behandelnden Ärzte können leider keine Aussagen zu den Ursachen der schweren vielseitigen Erkrankungen machen. Ich habe ihr das „Zentrum für seltene Erkrankungen“ am UKE Hamburg empfohlen. Ihr Hausarzt hat dort jetzt sämtliche Behandlungsunterlagen eingereicht.

Der Focus sollte ebenso auf  Psychotherapie liegen. Psychische Leiden sind häufig schwer zu diagnostizieren. Es gibt Grauzonen und daher auch Abgrenzungsprobleme. „Depressive Reaktion“ oder „reaktive Depression“ ? Beides gibt es – und es ist hier natürlich auch ein schönes Wortspiel. Biomarker wie bei körperlichen Erkrankungen gibt es in der psychotherapeutischen Analyse eher nicht. Aus diesen Gründen ist eine sehr klare Evaluierung zu Ursachen der psychischen Störung erforderlich. Diese Tatsachen allein erfordern eine hohe medizinische und menschliche Kompetenz. Denn psychisches Leiden ist häufig gravierend und katastrophal. Nicht nur der betroffene Patient/Klient leidet, sondern oft auch das familiäre Umfeld.

In den letzten Jahren wurde von Psychotherapeuten häufig die Diagnose „Burnout-Syndrom“ gestellt.

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Diese Diagnose gibt es nach der international gültigen Klassifikation ICD 10 überhaupt nicht. In den USA aber schon. Erst in der ab 2025 gültigen neuen Klassifikation ICD 11 wurde das mit aufgenommen. Das Burnout-Syndrom hat allerdings sehr viele gemeinsame Merkmale mit der Anpassungsstörung. Diese entsprechende Diagnosestellung hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Allein an diesem Beispiel mag deutlich werden, weshalb eine klare Diagnosestellung wichtig ist. Daran richtet sich die Therapie aus.

Seit den 70er Jahren hat die Diagnosestellung Autismus stark zugenommen. Betroffen sind mehr Jungen als Mädchen. Das Krankheitsbild hat sehr differenzierte Ausprägungen, weshalb heute der Begriff Autismus-Spektrum-Störung (ASS) gebräuchlich ist. Autismus wird häufig relativ spät diagnostiziert. Das hängt einerseits mit den sehr unterschiedlichen Ausprägungen, andererseits mit Ähnlichkeiten der „umschriebenen Entwicklungsstörung“ zusammen.

Weltweit werden immer mehr Autismus-Spektrum-Störungen gemeldet. Über die Gründe wird in der Wissenschaft jedoch kontrovers diskutiert. In erster Linie dürften die erhöhte Aufmerksamkeit, verbesserte Diagnoseverfahren und genauere Definitionen für die steigenden Zahlen verantwortlich sein. Die Ursachen von Autismus sind wenig erforscht. Wissenschaftler vermuten genetische Faktoren sowie Umweltfaktoren.

Aktuelle Ergebnisse einer neuen Studie zeigen, dass die Wahrscheinlichkeit der Diagnose einer ASS auch mit dem ethnischen und sozioökonomischen Hintergrund zusammenhängt. Der starke Anstieg der Prävalenz bei Kindern aus wohlhabenden Regionen ohne geistige Behinderung kann laut den Autoren nicht alleine durch bessere Tests und eine erhöhte Aufmerksamkeit gegenüber der Erkrankung erklärt werden.

Eine mögliche Erklärung liefert Dr. Katja Albertowski, Oberärztin in der Autismusambulanz, Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Dresden: „Soziale Isolation durch Lebensstile und Medienkonsum sowie die Förderung von Egozentrik können bei höherfunktionalen Kindern und Jugendlichen zu sozialen und emotionalen Auffälligkeiten führen, die wie Autismus wirken können“.(Quelle: Spektrum.de / Gelbe Liste).

Maßgebend allerdings ist: Kinder mit einer entsprechenden Störung müssen intensiv unterstützt und rechtzeitig individuell gefördert werden.

„Überforderung Symptome“ ist ein weites Themenfeld. Es berührt nicht nur Mediziner, Patienten/Klienten sondern auch Angehörige. Leider gibt es Situationen, in denen eine Schlussdiagnostik erschwert werden kann. Bei unklar erhöhtem PSA-Wert (Prostata) und negativer rektaler Untersuchung (Tastuntersuchung und Ultraschall) kann eine Ausschlussuntersuchung eines Prostata-Krebses über die „multiparametrische MRT“ erfolgen. Diese Untersuchung verhindert in vielen Fällen (ca. 50 Prozent) eine unnötige Biopsie. Allerdings wird diese Untersuchung nicht vollständig von den Krankenkassen finanziert. Es ist eine Zuzahlung von ca. 500 Euro erforderlich. Da es Patientengruppen gibt, die eine solche Zuzahlung nicht leisten kann, begünstigt dieser Sachverhalt die Weiterentwicklung einer medizinischen  Zwei-Klassen-Gesellschaft.

Angehörige sind häufig von Diagnosen überfordert. Das betrifft nicht nur die Diagnostik körperlicher Erkrankungen, sondern auch psychischer Erkrankungen. Zu psychischen Erkrankungen gibt es immer noch Vorurteile. Sehr stark vertreten ist – vorzugsweise bei männlichen Klienten – die Berührungsangst mit Psychotherapie.  Durch Umfragen ist bekannt, dass die meisten Menschen eine große Angst vor Krebserkrankungen haben. Das ist einerseits verständlich, aber nicht immer gerechtfertigt. Viele Krebserkrankungen haben durch neue Therapieansätze wie zum Beispiel die „personalisierte Medizin“  hohe Heilungschancen. Daher sind in jedem Fall aufklärende und beratende Gespräche erforderlich. Immerhin belegen Studien, dass etwa ein Drittel der Angehörigen psychologische Hilfe in Anspruch nimmt (Quelle: Deutsche Krebshilfe).         

Was muss passieren, damit das Thema „Überforderung Symptome“ eine geringere Bedeutung bekommt?

Es ist ein hoher Standard in der Aus - und Weiterbildung von Medizinern erforderlich. Ebenso sollte medizinische Wissenschaft und Forschung einen höheren Stellenwert bekommen und in der Finanzplanung der Bundesregierung angemessen berücksichtigt werden. Gleichzeitig muss das Bundesgesundheitsministerium eine Allianz mit der Pharmaindustrie herstellen zu erforderlichen Bedarfen (Entwicklung und Produktion neuer Antibiotika, pharmakologische Therapien seltener Erkrankungen). Der Umfang von finanziellen Unterstützungen sollte geprüft werden, um über ein mögliches Alleinstellungsmerkmal Gewinnzonen zu etablieren.

Autor: Rainer Wieckhorst
Thema: Überforderung Symptome
Webseite: http://www.balance-concept.de

Autorenprofil Rainer Wieckhorst:

rainer wieckhorst

Rainer Wieckhorst
Heilpraktiker für Psychotherapie mit Praxis in Reinbek
Therapiepraxis Balance-Concept
Kommunikationsexperte, Publizist

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